2007

DUKE UNIVERSITY MEDIA FELLOWSHIPS PROGRAMM 2007

Vierwöchiges Besuchsprogramm an der Duke Universität in Durham, North Carolina, für Journalisten aus den USA und aller Welt


TEILNEHMERBERICHTE

Patrick Benning, Deutsche Welle TV

Es ist der 16. März 2007. Der Schneesturm über der U.S.-Ostküste schafft es bis in die europäischen Abendnachrichten. Mein Anschlussflug von Newark nach Raleigh/ Durham fällt aus — so wie sämtliche Inlandsflüge von sämtlichen New Yorker Flughäfen an diesem Freitag.

Ich war darauf vorbereitet zu warten. Einen Stau am Fingerabdruck-Scanner hätte ich mir vorstellen können, auch Fragen zu den zahlreichen Visa-Stempeln in meinem Reisepass oder zur mitgebrachten Kamera-Ausrüstung. Wie lange mag sich so ein Flughafenverhör hinziehen? Eine Stunde? Vielleicht zwei? Doch nun dies! Die Einreise dauert ganze zehn Minuten — der außerplanmäßige Aufenthalt danach 31 Stunden (!) — inklusive Notunterkunft in einem Hotel in New Jersey und einem Frühstücksgutschein der Airline. Zwischendurch stehe ich mir zusammen mit bewundernswert gleichmütigen Amerikanern am „Check In“ die Beine in den Bauch. Warteschlangen-Chaos und Schneetreiben vor Augen sorgen wir uns gemeinsam um den Klimawandel. Dabei sammle ich — viel früher als gedacht — erste Erkenntnisse ein: Die Amerikaner denken oft anders und manchmal weiter als ihr Präsident.

Tags darauf ist meine Welt wieder in Ordnung. Die Wohnanlage „The Forest“ hält, was ihr Name verspricht: Großzügige, von riesigen Bäumen umstandene Apartments atmen einen Hauch von Luxus: Die Betten haben Kingsize-Maße. Die Wohnzimmer locken mit Breitbild-TV und Breitband-Internet, Ledersofa und Wandkamin. Für die nächsten vier Wochen genieße ich hier die Nachbarschaft von neun Journalisten aus sieben Ländern. Auf eine deutsche „Fraktion“ aus drei RIAS-Stipendiaten treffen Kollegen aus Frankreich, Ukraine, Südafrika, China, Südkorea und den USA.

Das Herz des „Media Fellows“-Programms der Duke University schlägt am Sanford Institute of Public Policy. Laurie Bley, Projektleiterin, orchestriert das Zusammensein der journalistischen Besucher. Als Fellows genießen wir das Privileg, prinzipiell jede Veranstaltung der Hochschule besuchen und jede ihrer Ressourcen nutzen zu dürfen. Allein: Unser gemeinsamer — teils obligatorischer — Arbeitsplan ist so umfangreich, dass wir wie von selbst in den Mikrokosmos der Hochschule eintauchen. So bemerken wir sehr schnell, wie offensiv man hier den Anspruch verfolgt, eine „Top-Ten“ Adresse der akademischen Ausbildung der USA zu sein. Der pittoreske Campus stammt aus den 20er Jahren und ist dem „Look“ englischer Traditionshochschulen nachempfunden. Die den Ort Durham früher beherrschende Tabakindustrie ist lange abgewickelt. Heute ist die Uni — um Worte ihres auch körperlich „gewichtigen“ Kommunikationschefs John Burness zu benutzen — „The Big Game in Town!“

Obschon in den Südstaaten erleben wir eine Welt, die nicht zum Klischee des tiefreligiösen, kleinbürgerlichen Amerika passt. Das sogenannte „Research Triangle“, in das der Volksmund die drei Hochschulzentren der Region — „Duke“ in Durham, „UNC“ (die University of North Carolina) in Chapel Hill und „NC State“ (die North Carolina State University) in Raleigh — umgetauft hat, ist offenbar kein besonders fruchtbarer Boden für das gültige, republikanische Weltbild. Selbst Laurie, die für ihre Fellows alles — wirklich ALLES (!) — ermöglicht, muss an diesem Punkt passen: „Eine Diskussion mit Bush-Wählern kann ich nicht vermitteln. Der Grund ist: Ich kenne keine!“

Es sind die prominenten Kritiker der amtierenden Administration, die die „Duftmarken“ auf unserer Besuchsagenda setzen. Zum Beispiel Zbigniew Brezinski: Der ehemalige Sicherheitsberater Jimmy Carters präsentiert in Duke sein neues Buch: Es heißt „Second Chance” und provoziert mit der These, die Supermacht Amerika sei im Begriff, ihre Rolle als „Leading Nation“ der Welt einzubüßen. Die Bush-Regierung habe den größten Teil ihrer politischen Glaubwürdigkeit verspielt, behauptet Brzezinski in seiner bekannt scharfzüngigen Art — und untermauert das mit einer Frage: „Würde diese Regierung heute verkünden, man habe doch noch Massenvernichtungswaffen im Irak gefunden — würde die Welt nicht mehr erwarten als nur Beweise?“ Und dennoch: Dass es zu spät sein könnte für Amerikas „zweite Chance“, das will selbst Zbigniew Brzezinski dann doch nicht denken.

So wenig wie Michael Posner, Aktivist der Menschrechtsorganisation „Human Rights First”: Akribisch und mit vielen Zahlen füllt er das amerikanische Sündenregister wider die Rechte der Völker und der eigenen Bürger. Doch auch er beschwört am Ende — Guantanamo hin oder her — die historische Führungsrolle der USA auf diesem Gebiet. Es ist diese merkwürdige Gespaltenheit, die mich immer wieder aufmerken lässt: Bestechend schonungslose Analysen der „Lage der Nation“ beschädigen nicht den unbedingten Glauben, das Ruder noch herumreißen zu können. Schließlich ist man Amerika!

Selbst in der Klimaschutzdebatte starten die USA nun durch: Dramatische TV-Sports rufen zur Rettung der Eisbären auf und einer der demokratischen Präsidentschaftskandidaten, Senator John Edwards, legt im Fernsehen Rechenschaft über die Energiebilanz seines neuen Wohnhauses ab. New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg lässt in seiner Stadt gleich einen ganzen „Earthday“ veranstalten und kündigt — nach dem Vorbild Londons — eine Umwelt-Maut für Manhattan an. „Schalten Sie die Air-Condition aus — öffnen sie das Fenster!“ rät das TIME Magazine in einem als Titelgeschichte veröffentlichten „Global Warming Survival Guide“. Die darin enthaltene epische Beschreibung der Funktionsweise einer Energiesparlampe lässt mich ahnen, dass die meisten Amerikaner von Innovationen dieser Art noch nie gehört haben.

Und doch: Das Klimathema ist derart en vogue, dass sich so mancher zu der Mutmaßung versteigt, Umwelt-„Messias“ Al Gore werde sich auf den letzten Metern zu einer erneuten Präsidentschaftskandidatur entschließen. Die Zweitkarriere von Amerikas „grünem Gewissen“ erstaunt nicht nur mich, sondern auch DW-Korrespondent Rüdiger Lenz. Ihn treffe ich in Washington D.C. — im Rahmen des traditionellen „Field-Trips“ der Duke Fellows ins Machtzentrum Amerikas.

Highlight dieser Exkursion ist ohne Frage unser Besuch im Pentagon. Hier gewährt man uns Zutritt zum Live-Presse-Briefing eines Army-Kommandeurs im Irak. Zivil ist die Wortwahl des Bericht erstattenden Offiziers. Zivil auch die meisten Themen: Es geht um Mikrokredite für die Landbevölkerung im Irak und um Examensfeiern von Söhnen und Töchtern der Soldaten, die man per Satellit an den Tigris übertragen hat. Erst am Ende seines Vortrags geht der Kommandant lobend auf die „lethality“ — zu deutsch „Tödlichkeit“ — seiner Truppe ein. Und ich erinnere mich wieder des eigentlich kriegerischen Kontextes der Mission.

Beim Marsch durch die Flure des riesigen Bürobaus fallen mir zahllose Quilts und Kinderzeichnungen in Schaukästen auf — Erinnerungen an den 11. September. 184 Mitarbeiter des Pentagons starben beim Flugzeugangriff auf Washington. Commander Gregg Hicks vom Pressestab zeigt uns die zu ihren Ehren gestaltete Kapelle im wiederhergestellten Südwestflügel. Der Mann ist relaxt und freundlich. Politische Bekenntnisse sind ihm nicht zu entlocken — bis auf dieses eine: Was im Irak geschehe, sei kein „Bürgerkrieg“, sondern „Völkermord“. In meinen Augen eine ziemlich schiefe Parabel auf die Verhältnisse. Aber sie wird wohl gebraucht, um zu rechtfertigen, was hier im Namen Amerikas geschieht. Vor dem Hauptportal des Ministeriums haben sich Kriegsgegner versammelt. Wer zum Dienst kommt oder heimgeht, hört ihre Parolen. Es ist ein tägliches Ritual. Dennoch — so versichert der Presseoffizier — werde keine dieser Demonstrationen verboten. Auch hier — oder GERADE hier — gilt das Prinzip: „Freedom of Speech.“

Im Laufe unseres dreitägigen Aufenthaltes besuchen wir noch das „Foreign Press Center“ des State Departement, Anlaufpunkt für ausländische Korrespondenten am gefragtesten Berichterstattungsort der Welt, und das „National Public Radio“: Amerikas gar nicht so klein geratenes Gegenstück zum deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

In den Redaktionsräumen der Washington Post dürfen wir schließlich einen Blick in das Büro von Watergate-„Held“ Bob Woodward tun. Wann genau er hier zuletzt gesehen wurde, lässt sich freilich nicht ermitteln. Auslandsredakteurin Tiffany Harness, die kurzfristig zu unserer Begrüßung abgestellt wurde, ereilt die „Gretchenfrage“ nach der historischen Verantwortung der U.S.-Journalisten in der Irakpolitik. Ihre Antwort ist von — für europäische Ohren — irritierender Schlichtheit: „Um das Pro und Kontra des Krieges kümmern sich die Kommentatoren im ‚Editorial Department’ — wir kümmern uns um die Nachrichten.“

„We report…you decide!“ Die Tauglichkeit des klassisch angelsächsischen Nachrichtenprinzips ist auch unter den Media Fellows ein großes Thema. Es sind inspirierende und spannende Diskussionen. Und ich genieße es, die Kollegen und Kolleginnen einen ganzen Monat lang um mich zu haben.

Zahng Jing aus Peking, Rufname „Cherry“, die Producerin beim Ostasienbüro des britischen Senders Skynews ist. Sie hat Sympathie für die Werte des Westens, aber auch Kritik — Amerika wisse zu wenig über den Rest der Welt, um ihn zu führen. Cherry ist die Erste, die mir mit anderen Begriffen als dem der Regierungsideologie erklärt, warum sich westliches Demokratieverständnis in China schwertut. Den Chinesen selber, sagt sie, sei das Ideal gesellschaftlicher Teilhabe fremd. Denkbar, dass sie ihr Land auch deshalb gleich für ein ganzes Jahr verlassen hat.

Olena Azarova aus Kiew unterstützte anfangs als Pressesprecherin die Regierung der „orangenen Revolution”. Dann kam der Farbwechsel zu „blau“ und mit ihm ein neuer Arbeitsplatz. Mittlerweile kann Olena, wie sie freimütig bekennt, keiner der beiden Farben mehr etwas abgewinnen. Denn: Minister beschimpfen Journalisten, Journalisten verleumden Minister. Regierung und Medien — beide haben sich komplett diskreditiert. Die Kollegin ist erst Mitte zwanzig und klingt ernüchtert wie andere am Ende ihrer Karriere.

Hervé Kempf, Umweltredakteur bei „Le Monde“, hat sein neues Buch nach Amerika mitgebracht. Es verspricht Antwort auf die Frage: „Wie die Reichen den Planeten ruinieren“ und es erklärt, verkürzt gesagt, das Gesellschaftsmodell der USA zum Sündenbock für Klimawandel und Umweltzerstörung. „The American dream is over!“ Das verkündet — hier in der neuen Welt — ausgerechnet ein Franzose.

Schließlich John Deiner, Reiseredakteur der Washington Post („Mein Thema ist alles mit einem Strand!“). John ergreift eine Initiative ganz anderer Art und organisiert in Rekordzeit ein Wochenendhaus auf den Outer Banks, einer atemberaubenden Sandinsel-Landschaft vor der Atlantikküste. Das Dörfchen Duck, in dem unser Domizil zufällig liegt, inspiriert uns zu einer inoffiziellen Neubenennung unseres Programms: „Duck-Media-Fellows“ 2007.

Mein Heimflug nach Berlin verzögert sich — diesmal nur (!) um neun Stunden. Über der Ostküste und New York City tobt ein Megagewitter. Die Nachrichten melden den schlimmsten Platzregen seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.

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Christina Herßebroick, Mitteldeutscher Rundfunk
(Bericht nicht abgeliefert)

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Martin Klein, Südwestrundfunk

Eine Weltmacht im Ausnahmezustand

Weiß, alles weiß. Der Winter hat sich überraschend zurück gemeldet, als das Flugzeug in Philadelphia landet. Hier soll ich umsteigen auf dem Weg nach North Carolina. Aber der Wintereinbruch an der Ostküste der USA hat bereits das totale Chaos gebracht: Flüge haben Stunden Verspätung oder fallen einfach aus. Flughäfen werden geschlossen. Hunderttausende von Menschen sitzen fest oder üben sich — wie ich — in kilometerlangem Schlangestehen an Abflugschaltern.

Aber noch eine Geduldsprobe wartet in Philadelphia auf mich. Bei der „Immigration“ meint ein Beamter, mich als verdächtiges Subjekt erkannt zu haben, und zieht mich aus der Warteschlange. Ich werde eine dreiviertel Stunde lang peinlich verhört, meine Antworten in einen Computer getippt. Dann darf ich endlich zu meinem Anschlussflug hetzen. Und diesmal habe ich ausnahmsweise mal Glück. Ich erreiche meinen Flug gerade noch. Nur: als ich drei Stunden später in Raleigh (North Carolina) ankomme, ist mein Koffer weg und meine Laune endgültig im Keller. Immerhin klappt das Abholen vom Flughafen, und als ich spät nachts in meinem schönen 2-Zimmer-Appartement ankomme, geht’s mir schon sehr viel besser. Und nach zwei Tagen hat American Airways auch meinen Koffer wiedergefunden.

McDonalds und Neogotik

Erster Tag an der Uni: Laurie, unsere Programmdirektorin, führt uns über den weitläufigen Duke-Campus. Was für ein Paradies! Gepflegte Parkanlagen. Moderne Unigebäude. Sogar eine Kathedrale im neogotischen Stil gehört mit zur Uni — ganz zu schweigen von großen Sportplätzen, grandios ausgestatteten Instituten, exquisiten Bibliotheken, Cafeterias. Ja, sogar ein „McDonalds“ darf nicht fehlen auf dem Campus. Muss ich noch erwähnen, dass man mit seinem Laptop überall auf dem Campus online gehen kann — wireless LAN macht’s möglich.

Media Fellows aus aller Welt

Die täglichen Treffen mit unseren Media Fellows werden schnell zum Highlight der vier Wochen. Jeden Tag darf ein Kollege ein Referat halten, Einblicke in seine Arbeit zu Hause geben. Was ist bei ihm/ihr gerade dran? Was sind die Herausforderungen? Unglaublich spannend ist das. Denn wie ein Journalist aus Frankreich oder Großbritannien arbeitet, das kann ich mir vorstellen. Aber wie sieht der Alltag eines Kollegen aus Südafrika aus? Aus der Ukraine? Aus China? Aus Indien? Wunderbar, Kollegen aus aller Welt berichten zu hören und sich mit ihnen auszutauschen. Wie schön wäre es, wenn sich zumindest der ein oder andere Kontakt in den journalistischen Alltag nach Deutschland retten ließe.

U.S.-Medien und Glaubwürdigkeit

Dass die amerikanischen Medien vor, aber auch während des Irak-Kriegs eine unrühmliche Rolle gespielt haben, ist während der vier Wochen immer wieder unser Thema. In Seminaren, Diskussionen, oder Treffen mit Journalisten und Politikern streiten und debattieren wir. Einen Mittag haben wir John Dancy vor uns sitzen. Der Grandseigneur des amerikanischen Journalismus (Ex-NBC-White House Korrespondent) erstaunt uns, denn er sagt: die U.S.-Medien hätten im Großen und Ganzen vor und während des Irak-Krieges einen guten Job gemacht. Wie hätte man denn rauskriegen sollen — so Dancy weiter — dass Saddam Hussein keine Massenvernichtungswaffen hatte? Wahrscheinlich sind uns Europäern da die Entschuldigungen von „Washington Post“ und „New York Times“ doch näher: Beide Blätter schrieben 2004 sinngemäß: wir haben der Bush-Regierung in Sachen Irak-Krieg viel zu lange geglaubt. Und: wir haben nicht hart genug nachgefragt.

Das andere Amerika

Nur ein paar Tage später ist Zbigniew Brzezinski, Ex-Sicherheitsbeauftragter von Jimmy Carter, in der DUKE University. Er liest aus seinem gerade veröffentlichten Buch „Second Chance“, und die Massen strömen. Als Brzezinski hinter dem Rednerpult steht, wirkt der 79-jährige fast so, wie ich mich an ihn aus den 70-er Jahren erinnere: fast jugendlich, schlank und durchtrainiert — noch immer ein unglaublicher, scharfer Kopf. Brzezinskis These: das Gefasel der Bush-Regierung vom „Krieg gegen den Terror“ hat eine Kultur der Angst in den USA geschaffen, eine kollektive Psychose entstehen lassen. Schlimmer noch: das gebetsmühlenartige Wiederholen der Phrase hat die Fähigkeiten der USA unterhöhlt, tatsächlich und effektiv auf die Herausforderungen durch den Terror zu reagieren. Eine dreiviertel Stunde dauert Brzezinskis brillanter Vortrag. Dann stehen fast alle im großen Saal auf und spenden donnernden Applaus. Schön, wieder einmal die Stimme des anderen Amerika gehört zu haben!

We are at War

„We are at War“, mahnt das Plakat im Pentagon. Und fragt gleich weiter: „Do you really do all you can?“ Wir Media Fellows sind für ein Wochenende nach Washington gefahren und unser erster Termin ist der Besuch im U.S.-Verteidigungsministerium. Nachdem wir akribische Sicherheitskontrollen hinter uns gebracht haben, laufen wir durch riesige Empfangshallen und endlose Korridore, beleuchtet mit kaltem Neonlicht. Plötzlich deutet unser Pentagon-Führer auf den Gebäudeflügel vor uns. Am 11.9. raste genau hier das Flugzeug mit den Attentätern ins Pentagon. Nichts deutet heute mehr auf die Spuren des Verbrechens hin. Nur eine kleine Kapelle erinnert an die Opfer.

Ein paar Schritte weiter dürfen wir bei einer Pressekonferenz dabei sein. Colonel Paul Funk von der 1. Brigade in Bagdad erzählt den anwesenden Journalisten per Videokonferenz von den Fortschritten seiner Truppen. Wir sind erfolgreich bei der Terrorbekämpfung, sagt er. Wir arbeiten mit den Polizeikräften des Irak bestens zusammen. Wir sind stolz hier zu sein und danken unseren Familien, dass sie hinter uns stehen. Von den täglichen Bombenanschlägen, Entführungen, von Morden und Bürgerkrieg sagt der Mann in Uniform dagegen nichts.

National Public Radio

Wie gut, dass uns Laurie in Washington noch mehr zu bieten hat an diesem kalten Osterwochenende. Wir besuchen mit ihr noch das National Public Radio. Und unser Gastgeber Allen Stone führt uns durch Studios und Archive, erzählt, wie NPR im Gegensatz zu den privaten Radiostationen in den USA aufgebaut ist und funktioniert. Zum Schluss dürfen wir dann die Aufnahme der Sendung „All things considered“ miterleben. Und wir hören großartigen, engagierten, tiefschürfenden Journalismus mit aktuellen Themen aus aller Welt.

Outer Banks

Und was war der private Höhepunkt der 4 Wochen, wird mancher fragen? Die „Outer Banks“ würde ich antworten. Vier Stunden Autofahrt und wir sind da — an der Atlantik-Küste von North Carolina. Riesige Dünen, endlose Sandstrände, donnernde Brandung, Holzhäuser auf Stelzen im Sonnenlicht. Wir haben für das Wochenende ein großes Haus gemietet. Direkt am Meer. Es ist ein Traum. Auf dem riesigen Balkon räkeln wir uns tagsüber in der Sonne, lesen, schauen aufs Meer, sehen hüpfenden Delphinen zu (kein Witz!) Abends kochen wir frische Shrimps und hocken bis tief in die Nacht im großen Yacuzzi („hot tub“) und lachen, bis wir Muskelkater haben.

How much reality can you handle?

…fragt in den letzten 4 Tagen das „Full Frame Film Documentary Festival“. Die Zuschauer strömen. Und von morgens bis spät in die Nacht sind Dokumentarfilme aus aller Welt zu sehen: schockierendes aus Afrika, skurriles aus Dänemark, historisches aus den USA. Am Ende haben wir alle viereckige Augen und sind ein wenig müde. Aber die Reise um die Welt in 45 Filmen hat sich gelohnt.

Danke!

Bleibt, der Rias Berlin Kommission zu danken: für die wunderbare Zeit an der DUKE University — voll mit spannenden Erfahrungen, intellektuellen Herausforderungen und der Möglichkeit, Kollegen aus der ganzen Welt und ihre Arbeit kennen zu lernen. Danke Rainer Hasters! Und danke — vor allem — an unsere wunderbare Programmdirektorin Laurie Bley — was wären die vier Wochen ohne ihr unermüdliches Engagement gewesen?

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Anja Kueppers, Deutsche Welle

Als ich voller Erwartung in der Duke Uni eintraf, um mein Duke Fellowship zu beginnen, war mir nicht ganz klar, was mich erwarten würde. Der Gedanke, dass mir für einen Monat nicht „erlaubt“ war zu arbeiten, dass ich andererseits Zeit haben würde, interessante Seminare zu besuchen, erschien mir reiner Luxus. Sicherlich hatte ich etwas übersehen.
Aber es hatte alles seine Richtigkeit, und die 4 Wochen in Duke, einer der bekanntesten und angesehensten Universitäten Amerikas, gaben mir wirklich die Möglichkeit zu beobachten, zuzuhören, herauszufinden und zu lernen, welche Ansichten über die Welt man „on the other side of the pond“ vertritt.

Laurie Bley, die Programmdirektorin, hatte ein umfassendes Programm für uns erstellt, welches mindestens einen Termin pro Tag beinhaltete. Aber sie überzeugte uns davon, dass es unserer Eigeninitiative überlassen sei, unseren persönlichen Ideen freien Lauf zu geben und Seminaren beizuwohnen, Gespräche zu führen oder Führungen mitzumachen. Und das ist genau, was ich zukünftigen „fellows“ dringend rate. Plant die wöchentlichen Vorlesungen. Es lohnt es sich, sofort Themen von persönlichem Interesse auszuwählen und diese über mehrere Wochen einzutragen. Es ist sinnvoller als irgendwelche beziehungslosen Vorlesungen zu besuchen. Und es hilft auch, sich schon vorher etwas über die Themen zu informieren.

Alle Vorlesungen lohnen sich, aber für mich war die interessanteste „Counterterrorism Law and Policy“ von den Professoren David Schanzer und Scott Silliman. Ich war fasziniert von dem aktiven Meinungsaustausch der Studenten mit ihren weitgefächerten politischen Ansichten und es hat mir eine deutlichere Erkenntnis der amerikanischen Geschichte und Gesellschaft vermittelt und die Gründe für die gegenwärtige Rolle Amerikas im Irak.

Steven Smith, ein ehemaliger „media fellow“, der jetzt in Duke lehrt, sprach zu uns über seine Zeit als Journalist für „Le Monde“ in Afrika, und es war höchst interessant, einen Europäer zu beobachten und ihm zuzuhören, wir er amerikanischen Studenten afrikanische Geschichte vermittelt.

Weitere erwähnenswerte Vorlesungen waren für mich „Media and Democracy“ von Ellen Mickiewicz mit einer Übersicht der Medien in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft; „Why Have Wealth“, Dr. Fred Klatis Ausdruckslehre; und Deb Gallaghers Seminar „U.S.-Umweltpolitik“, welches dank aktiver Studentendiskussionen sowohl Einsicht in die amerikanische Einstellung zur Umwelt, Energieversorgung und Energiekonsum verschaffte als auch in die Einstellung der Studenten zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes.

Für mich waren ein wesentlicher Teil des Aufenthaltes in Duke die Einzelgespräche mit den Dozenten, wie mit Steven Smith über seine Arbeit in Afrika sowie mit Ellen Mickiewicz, die zu uns über ihre jahrzehntelangen Medienuntersuchungen in der Sowjetunion und Russland sprach. John Dancy berichtete über seine Zeit als Fernsehkorrespondent in Europa und über die Zukunft der amerikanischen Medien: deprimierend und doch inspirierend — er versicherte uns, dass die Welt vor sensationssüchtigen Kabelfernsehprogrammen gerettet werden kann, wenn nur ein paar von uns an einen wirklich informativen Journalismus glauben und ihn praktizieren.

Auch sind die Touren, die Tim Lucas von der Nicholas School for the Environment für uns arrangiert hatte, besonders zu erwähnen. Wir gingen auf eine SWAMP Tour (ein Wasserqualitätsexperiment im Duke Forest), eine FACE Tour (ein CO2-Ausstoß-Experiment im Duke Forest), und wir hatten Gelegenheit zu einem Treffen mit dem neuen Univorstand Dean William L. Chameides. Er sprach über seine Einstellung und Vision hinsichtlich Ausbildung und Ansporn von jungen Umweltwissenschaftlern als eine Möglichkeit, die Herausforderungen des Umweltschutzes innerhalb der Geschäftswelt zu bewältigen. Ihm zuzuhören war großartig.

Obgleich der berüchtigte Lacross Fall vor mehr als einem Jahr stattfand, so wurde einem schnell klar, welch einen Einfluss dieser Fall immer noch auf das tägliche Leben in Duke hat. Bereits am zweiten Tag nahmen wir an einer Vorlesung von K.C. Johnson teil (Geschichtsprofessor at Brooklyn College, der den blog „Durham in Wonderland“ über diesen Fall schreibt). Und während unserer dritten Woche besuchten wir Konferenzen auf dem Unigelände über die Praktiken und Etiketten, solche Fälle in den Medien zu behandeln (den Lacross Fall eingeschlossen). K.C. Johnson war ein Gast auf dem Podium, zu dem auch mehrere bekannte Persönlichkeiten aus der Medien- und Juristenwelt gehörten.

Wir hatten ebenfalls das Glück, einer Halbtagskonferenz in Duke über „unheard voices in the war on terror“ beizuwohnen. Stephen Grey, ein britischer Journalist, sprach über sein Buch, welches das „extraordinary rendition programm“ in den -A offenlegt (wie die U.S.- Regierung vermutliche Terroristen in geheime syrische oder afghanische Gefängnisse zur Folter ausliefert.) Maher Arar, ein kanadischer Staatsbürger, sprach über ein „live hook-up“ von Kanada, wie er 2002 von den USA gefangen gehalten und nach Syrien ausgeliefert wurde, um dort für 10 Monate gefoltert zu werden. Es war ebenso ergreifend wir faszinierend und gab uns Einsicht in den „War on Terror“.

Wir waren die erste Gruppe, welcher die Partnerschaft mit der UNC zugute kam, die in diesem Jahr begonnen wurde. Wir besuchten die Medienschule der University of North Carolina in Chapel Hill, wo unsere Gastgeber der ehemalige Vorstand und verschiedene Fakultätsmitglieder waren. Dank eines Vorgespräches wurde ich gebeten, in Reaz Mahmoods Klasse über Internationale Kommunikation mit Fellow Debra Leithauser einen Vortrag darüber zu halten, wie die Deutsche Welle und andere Medien die Herausforderung und Entwicklung der Multimedien und 24-Stunden-Nachrichtenprogramme bewältigen.

Als ein Höhepunkt des Fellowship Programms gilt unser Besuch in Washington DC während der zweiten Woche. Wir durften in einem Art Deco Hotel im Dupont Circle wohnen, in einer von Washingtons herrlichster Umgebung (ein Tip an zukünftige fellows: besucht Kramers Bookstore — dort gibt es die beste Auswahl an Büchern und Weinen, und das beste Wochenend Brunch). Wir hatten die Gelegenheit, uns für eine Stunde mit dem Direktor des Foreign Press Club zu treffen, wonach er uns einlud, einer Media Podiumsdiskussion mit U.S.-Militärexperten beizuwohnen, die über die nächsten Schritte im Irak diskutierten. Außerdem konnten wir eine Führung durch das National Public Radio Hauptbüro machen (wo es Salsa-Unterricht und Wein gab!) Wir besuchten das Pentagon und nahmen an einer Pressekonferenz mit einem amerikanischen General im Irak teil. Ein Redakteur, ehemaliger Duke Media Fellow, ermöglichte uns einen Besuch bei der Washington Post.

Die ersten Worte von Laurie waren: „once a Duke Media Fellow — always a Duke Media Fellow”. Eins wurde mir während meines Aufenthaltes hier klar: ein Media Fellow zu sein ist ein Privileg und eine unvergessliche Erfahrung, und das Media Fellowship Netz ist weit verbreitet und sehr stark. Unsere Media Challenges Treffen waren erfolgreich, und wir haben sie genutzt, um Erfahrungen über Mediensysteme und Freiheit von Presse, Rundfunk und Fernsehen in Ländern wie Südafrika, Korea, Deutschland, UK and USA auszutauschen. Es wurde schnell klar, dass viele nationale Stereotypen (die so oft durch Journalisten verbreitet werden) falsch sind — nichts hilft besser, Tatsachen aufzudecken, als eine „face-to-face“-Duskussion zwischen fünf verschiedenen Nationalitäten.

Die anderen fellows meiner Gruppe kennenzulernen, bedeutete mehr als nur über die jeweiligen Herausforderungen im Arbeitsbereich zu diskutieren. Wir haben gemeinsam den herrlichen Duke Campus und die Gegend um Durham/Chapel Hill erkundet. Wir sind im Duke Forest spazieren gegangen und wir haben großartige Restaurants entdeckt (ich kann Cafe Driade mit dem besten Kaffee in der Stadt empfehlen), und es haben sich echte Freundschaften entwickelt.

Vielen Dank für die Einladung an die Duke University, und für das wirklich lohnende Programm, an dem ich teilnehmen durfte. Ich kann es nur empfehlen.

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Oliver Schilling, Deutsche Welle

Vier Wochen als Stipendiat an der Duke University, vier Wochen Leben im kleinstädtischen Durham im „Southern State“ North Carolina, vier Wochen intensive Gespräche, Seminare und Begegnungen mit interessierten und offenherzigen Menschen. Das Rias Fellowship ist eine ganz wunderbare Erfahrung, die ich jedem Kollegen mit einigen Jahren Berufserfahrung nur wärmstens empfehle und wünsche.

Die Duke University gehört zu den Top Ten der U.S.-amerikanischen Elite-Universitäten, auch wenn sie im europäischen Raum weitaus weniger bekannt sein mag als ihre prominenten Mitstreiter wie Stanford, Berkeley oder die Columbia University. In den Rankings liegt Duke jedenfalls mit ihnen auf einer Höhe bzw. teilweise vor ihnen. Die Ausstattung ist unglaublich, man befindet sich in einem akademischen Schlaraffenland. Als Media Fellow genießt man alle Privilegien ohne die Pflichten, denen ein sonstiger Graduate oder Undergraduate nachkommen muss. Bücher werden umgehend — falls sie nicht ohnehin in der opulent ausgestatteten Perkins-Bibliothek verfügbar sind — per Fernleihe besorgt. Studenten — und auch Media Fellows — können einen Bibliothekar um persönliche Beratung und Assistenz bei der Suche nach Literatur bitten. Die vielen Seminare und Vorträge aller Institute (also nicht nur am Sanford Institut, dem wir angegliedert sind), oftmals didaktisch und rhetorisch perfekt aufbereitet, sind für Media Fellows nahezu ohne Einschränkung zugänglich. Eine solch bevorzugte Behandlung genießt sonst kaum jemand hier.

Zentraler Bestandteil des Programms ist der Austausch mit den sieben anderen Fellows der Gruppe. In unserem Fall neben Deutschland Stipendiaten aus Südkorea, Südafrika und den USA. Zweimal die Woche treffen wir uns zu den mittäglichen „Media Challenges“. Immer wieder stellen wir fest, dass es ganz ähnliche Themen sind, die uns im Redaktionsalltag beschäftigen — egal ob in Kapstadt, New York, Seoul oder Berlin: „konventionelle“ versus „neue“ Medien, Unabhängigkeit der Berichterstattung versus Diktat der Quoten und Zuschauer, Einhaltung journalistischer Standards versus Einsparungen zu Lasten der Programmqualität. Die Hektik des Alltagsgeschäfts lässt gewöhnlich wenig Raum für grundlegende Reflexionen über das eigene Metier. Umso mehr sind wir froh, hier ein Forum für den gegenseitigen Gedankenaustausch zu finden.

Vom ersten Tag an tickt die Uhr, beginnt der Countdown. Die Zeit ist kurz, das Angebot überwältigend. Neben den Vorlesungen und Seminaren gibt es zahlreiche Einzelvorträge und Veranstaltungen, zu denen wir eingeladen werden, etwa über die menschenrechtliche Situation in Birma oder über Dokumentarfilmtechniken. Auch der Besuch eines öffentlichen Trainings der Duke-Basketballmannschaft mit ihrem Trainer Mike Krzyzewski alias „Coach K“, eine Kapazität von nationalem Rang, steht auf dem Programm. Wohl gemerkt: Das Training war lediglich geladenen Gästen zugänglich und der Besuch fand im Rahmen einer hochkarätig besetzten „Leadership“-Tagung der Business School statt. Auch das ist eine interessante Erfahrung: Die akademische Elite schätzt nicht nur die Unterhaltungsqualitäten des Sports, sondern weiß auch, was man vom Sport in anderen Berufssituationen lernen kann. Die zentrale und einleuchtende Botschaft des „Coach K“, der im Übrigen die U.S.-Nationalmannschaft für die Olympischen Spiele 2008 in Peking trainieren soll: Schaffe eine Spielkultur und Spielstrategie, die der Mannschaft gerecht wird — nicht umgekehrt. Es scheint die Kombination solch simpler Erkenntnisse mit einem ernormen Gestaltungswillen und eiserner Disziplin, die nicht nur die Duke-Basketballmannschaft so erfolgreich gemacht hat, sondern generell ein wichtiger Bestandteil des Erfolgsrezepts vieler Karrieren in den USA ist.

Die meisten Kurse, die wir besuchen, laufen bereits seit mehreren Wochen. Der Seiteneinstieg ist nicht immer einfach. Zu besonderem Dank bin ich daher Prof. John Dancy verpflichtet, der mich nicht nur in seine beiden wöchentlichen Seminare zur TV-Praxis einlud, sondern mir zusätzlich Einzelunterricht und eigens auf mich zugeschnittene Übungen zur Dreh- und Schnitttechnik anbot. John ist ein gutes Beispiel für das Engagement vieler Duke-Dozenten: Als ehemaliger White House Korrespondent und NBC-Anchor unterrichtet er seit mehr als zehn Jahren Studenten in der Medienpraxis. Für seine Studenten ist er stets ansprechbar, E-mails beantwortet er spätestens mit einer Verzögerung von drei bis vier Stunden, auch am Wochenende. Akademische Exzellenz beinhaltet hier das Vermitteln handfester Fähigkeiten und Techniken. So lud John an einem Tag eine Dozentin des „Duke Voice Care Centers“ vom universitätseigenen Klinikum ein, die über ihre Forschung zur Stimmhaltung referierte und Tipps zur Stimmschonung gab — für angehende Radio und Fernsehjournalisten ein nicht unwesentlicher Aspekt.

Die Zeit ist knapp, auch die Wochenenden sind gezählt (abzüglich des üblichen Besuches in Washington lediglich zwei). Mit anderen Fellows fahren wir an den Strand (5 Autostunden pro Strecke in westliche Richtung) und in die Smoky Mountains (7 Autostunden pro Strecke in östliche Richtung). Das Farbenspiel in den Smokies ist fantastisch. Der Ausflug ist gerade zur Herbstzeit unbedingt zu empfehlen. Aber auch das Wasser an den weißen Sandstränden von Surf City ist noch warm genug, um zu baden, zu surfen und zu faulenzen.

Kurz vor Programmende ist der Washington-Besuch terminiert. Wie bereits in den Wochen zuvor ging es bei den vielen Treffen immer wieder um den Wahlkampf im kommenden Jahr. „Wird Hillary es schaffen/ will she make it?“ Alles deutet darauf hin — so die Antwort der meisten Gesprächspartner. Aber bis zur Wahl kann noch viel passieren. Wir besuchen deutsche Korrespondentenbüros, erfahren von den Problemen, U.S.-Themen weit ab vom U.S.-kritischen Mainstream in den Heimatredaktionen abzusetzen. Dann der Besuch in der Brookings Institution mit einem spannenden Briefing über die Rolle und Funktion der Think Tanks im politischen Alltag von Washington D.C. Und schließlich die Führung durch das Pentagon inklusive background briefing „off the record“ mit Gregory Hicks, einem der Pentagon-Pressesprecher. Das Hauptthema — wie sollte es anders sein: der Einsatz im Irak. Gerade am Tag zuvor wurde berichtet, dass sich U.S.-Diplomaten zunehmend weigerten, ihren Dienst im Irak anzutreten. Hier im Pentagon hat man dazu eine eigene Meinung.

Nach Washington bleiben nur noch wenige Tage bis zur Abreise. Ein letzter Einkauf im Bio-Supermarkt, in dem der Verkäufer rund 10 Minuten bei geöffneter Tür des riesigen Kühlfaches über verschiedene Geschmacksrichtungen einzelner Eissorten referiert und anschließend jeden der drei Eisbecher in eine eigene Plastiktüte verpackt. „Organic“ und „eco-friendly“ sind offensichtlich keine gleichzusetzenden Synonyme. Die letzten Bücher werden zur Bibliothek gebracht. Der „Pink Panther“, das rosarote Fahrrad der Rias-Fellows, muss wieder in unserem Arbeitsraum im zweiten Stock des Sanford Instituts geparkt werden. Und dann ist die Zeit auch schon vorbei.

Das Fazit:

Jederzeit würde ich wieder dabei sein wollen; der Aufenthalt war zu kurz und dennoch in jeder Hinsicht lohnenswert. Wohl selten habe ich eine Auszeit vom journalistischen Alltag als so erfrischend und inspirierend, wenn auch als anstrengend (wegen der Zeitknappheit) empfunden. Das Programm lohnt sich für alle, die nach mehreren Berufsjahren ein „Mini-Sabbatical“ brauchen. Es empfiehlt sich, bereits mit Themenideen und eigenen Fragestellungen nach North Carolina zu kommen. Und: Unbedingt vor der Abreise einen Steckdosenkonverter einpacken sowie die Wetterlage in NC prüfen, denn sonst landet man (wie in unserem Fall) mit einem Koffer voller Wollpullover in Durham, wo es auch im November noch bis zu 20 Grad Celsius warm wird.

Schlussendlich möchte ich der Rias Berlin Kommission herzlich danken, die mir diesen ganz hervorragenden Aufenthalt ermöglicht hat. Auch Laurie Bley, die Programmdirektorin auf U.S.-Seite, hat uns das Leben in jeder Hinsicht leicht gemacht und war stets eine Quelle wichtiger Informationen, Hilfestellungen sowie guten Mutes. Mein Dank gilt auch den anderen Fellows, die den Aufenthalt und gedanklichen Austausch so wertvoll gemacht haben.

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Simone Steffan, BLR Nachrichtendienst

The painting pig

„10 Dollar für ein Bild — Sie dürfen auch mehr geben, denn das Schwein hat den Krebs besiegt!“, verkündet seine Besitzerin unter lauten Mitleidsbekundungen der Zuschauer („Oh, no! Poor pig!), während das Schwein grunzend mit seinem Maul abwechselnd Pinsel voller Farbe aus Eimern schnappt und sie über ein weißes Blatt Papier schmiert.

The State Fairy in North Carolina bietet noch jede Menge mehr solcher skurriler Geschichten: Kühe, die den „sidewalk“ üben etwa, oder Kürbisse, die 10 mal größer sind als normal. „Typische Themen über Amerika eben“, würde Jim Dickmeyer, Direktor des Foreign Press Centers in Washington D.C., wohl sagen, „die sich gut verkaufen lassen“. Erst neulich habe ihm ein deutscher Korrespondent eines öffentlich-rechtlichen Senders erzählt, Berichte über fette Amerikaner nehme die Redaktion zu Hause immer gerne ab, andere Themen hätten es dagegen schwer. Mit „anderen“ meint Jim Dickmeyer solche, die keine Vorurteile über die Vereinigten Staaten bedienen.

„She didn’t make any mistake“

Jim Dickmeyer nimmt sich sage und schreibe zwei Stunden Zeit für uns im Pressekonferenzraum des Foreign Press Center. Es ist der zweite von insgesamt fünf Tagen in Washington, einer Stadt, die vor Macht, Intelligenz und Sport treibenden Menschen nur so strotzt. Mit Dickmeyer, aber auch mit all unseren anderen Gesprächspartnern wie Alan Stone vom National Public Radio, Colonel Greg Hicks vom Pentagon, Tony Reid von der Washington Post oder Enrico Brandt von der Deutschen Botschaft, diskutieren wir natürlich auch die entscheidende Frage: Who is gonna be the next President of the United States of America? Die Primaries stehen an und im Fernsehen laufen bereits zuhauf Debatten der verschiedenen Kandidaten. „Wenn die Wahl in diesen Tagen wäre, dann würde es Hillary Clinton machen“, ist sich Jim Dickmeyer sicher wie die meisten. „Sie hat bislang keine Fehler gemacht!“

2,2 Jobs für einen Duke Law-School-Absolventen

„Die Amerikaner sind bereit für eine Ms. President, jedenfalls eher als für einen Präsidenten Giuliani, der bereits zum dritten Mal verheiratet ist“, glaubt Emelie, während sie Hanteln stemmt und ich mich abmühe auf dem Crosstrainer im kleinen Gym unserer Appartmentanlage „The Forest“, in der die Media Fellows nicht weit von der Duke University entfernt untergebracht sind. Dreimal verheiratet? So what? Gerhard Schröder sogar viermal und wurde Kanzler! Emelie, 22, so gut wie einen Abschluss von der Duke Law School in der Tasche und danach schon sicher einen Job in Philadelphia, ist über die „Wahlgepflogenheiten“ der Deutschen genauso perplex wie ich über die Karriereaussichten junger Studentinnen an U.S.-Eliteuniversitäten. Nach einem Jahr an der Duke Law School waren 440 Vertreter der besten U.S.-Kanzleien nach North Carolina geflogen, um Emelie und ihren rund 200 Kommillitonen Jobangebote zu machen.

Wie ein Schwamm

Gegenüber der „Kaderschmiede“ Duke Law School befindet sich auf dem Unigelände das Terry Sanford Institut für Public Policy, unsere „Anlaufstation“ während des Programms. Hier haben die Media Fellows nicht nur ihren eigenen Raum, hier hat auch Laurie Bley, die Direktorin des Programms, ihr Büro. Laurie hatte uns einen „nicht verpflichtenden“ Stundenplan zusammengestellt, in dem Uni-Highlights jeglicher Couleur zusammengefaßt waren: von Vorlesungen bis hin zu Klavierkonzerten und einem Abend mit der Primatenforscherin Jane Goodall im Page Auditorium.

Feste Zeiten gab es hingegen für unsere Media Challenges, Diskussionsrunden, in denen die Media Fellows über Arbeitsbedingungen und Struktur der Medienlandschaft in ihrem Heimatland berichten. Als Franci aus Südafrika an der Reihe ist, wird schnell klar, dass Journalisten in Deutschland wie auf einer „Insel der Glückseligen“ leben. Kriminalität, Aids, Rassismus sind am Kap Alltag, es wird abgewogen, ob eine Kollegin oder vielleicht doch eher ein Kollege auf den Termin geschickt werden sollte, und ins Haus von Franci wurde schon viermal eingebrochen.
Aber ob aus Südkorea, den USA, Südafrika oder Deutschland — den Ländern also, die unsere Media Fellow Gruppe repräsentiert — in der Medienbranche findet ein Umbruch statt, dem sich alle stellen müssen; auch angehende Journalisten oder Medienwissenschaftler. Und so wurde im Kurs „Media and Democracy“ darüber diskutiert, ob es künftig beispielsweise noch 30minütige Nachrichtensendungen im Fernsehen geben wird oder ob sie nicht überflüssig werden angesichts der Tatsache, dass sich schon heute jeder nur die Podcasts herunterladen und anhören kann, die ihn auch wirklich interessieren. Weniger Information heißt auch weniger informiert zu sein.

Bei fast allen Diskussionen erlebe ich überraschend gut vorbereitete und ehrgeizige Studenten, die meisten ausgestattet mit Laptops. Die Professoren beziehen alle mit ein, jeder muss damit rechnen, jederzeit dran zu kommen. Spielfilme über die Art und Weise, wie der Koreakrieg in den 60er Jahren im politischen Amerika verarbeitet wurde, werden zusammen angesehen und dann beginnt die Debatte. Keine Chance mal eben wie in einem überfüllten Hörsaal in Deutschland ein Nickerchen zu machen!

Wahrscheinlich hätte ich sowieso nur Alpträume darüber gehabt, irgend etwas zu verpassen: die wunderbare Perkins Library etwa, in der man stundenlang stöbern kann, oder den Chapel Choir, der sich „echt“ hören lassen kann, oder Roland, mit dem ich vor zehn Jahren studiert und den ich zufällig an der Duke Universität wieder getroffen habe, oder den Botanischen Garten, durch den ich das ein oder andere mal gestreift bin bei herrlichem Sonnenschein. Ja Sonne, die hatten wir pur im Oktober, bis an die 30 Grad. Zu viel angesichts der schlimmsten Dürre in North Carolina seit Jahrzehnten, meldet CNN. Der Wettermann betete für Regen.

Mit zwei vollen Koffern — ausgiebige Shoppingtouren in den gigantischen Malls ließen sich nun mal angesichts des schon unverschämt schwachen Dollars und extrem starken Euro nicht vermeiden — fliege ich zurück.

Ich fühle mich wie ein Schwamm, der unglaublich schwer ist, weil er so viel aufgesaugt hat an Informationen und Eindrücken und nur darauf wartet, ausgepresst zu werden.

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Meike Ulrike Stein, Zweites Deutsches Fernsehen

Junge angehende Journalisten aus aller Welt — zweimal die Woche saßen wir zusammen, ein halbes Jahr lang, als ich an der Hamline University in St. Paul, Minnesota, internationalen Journalismus studierte. Zusammen mit einer Professorin diskutierten wir die Heraus-forderungen globaler Medienkommunikation — die beste Erfahrung, die ich in meinem gesamten Studium gemacht habe. Und das RIAS-Programm bot mir die Fortsetzung: Diesmal diskutierten professionelle Journalisten aus verschiedenen Ländern miteinander über ihren Beruf und ihre Erfahrungen. Zusätzlich standen den Programmteilnehmern alle Kurse der Duke University offen. Natürlich musste ich diese Chance nutzen.

Duke ist in vielerlei Hinsicht besonders. Am auffälligsten ist allerdings, dass hier alle sportlich zu sein scheinen. Zu jeder Tages- und Nachtzeit joggen Studenten am erstaunten Besucher vorbei — und alle tragen sie T-Shirts oder Pullover, die auf ihre Zugehörigkeit zu einer der zahlreichen Sportmannschaften hinweisen: Lacrosse, Football, Schwimmen — alle tragen ihr Mannschaftsemblem mit Stolz auf der Brust. Doch ein Team sticht heraus: Die Basketballer. Das kann jemandem wie mir, der während seiner Schulzeit fünfmal pro Woche auf dem Basketballfeld trainiert hat, natürlich nur gefallen. Die größte Berühmtheit an der Duke ist folglich kein Professor, sondern Mike „Coach K“ Krzyzewski, der Basketballtrainer. Im Souvenirladen der Universität kann man kleine Coach-K-Plastikfiguren erstehen, im Buchladen nebenan seine Ratgeberliteratur kaufen. Und während meines Aufenthalts an der Duke war er einer der Hauptredner einer Konferenz mit dem Titel „Building World Class Leadership Teams.“ Hier saßen also Top-Manager zusammen, die sich über den Zusammenhang zwischen sportlichem und beruflichem Erfolg sowie über die Trainingsmethoden eines Basketballtrainers unterhielten. In Deutschland undenkbar — obwohl die Parallelen zwischen Coach Ks Aufgaben und denen eines Managers augenscheinlich sind. Und wie wichtig der Zusammenhalt des Teams und die richtige Strategie für den Erfolg sind, weiß jeder, der im Bereich Fernsehjournalismus arbeitet. Nicht nur in Kursen zum Thema Journalismus lernt man etwas über den eigenen Beruf.

Doch Duke ist nicht nur ein Eldorado für Sportbegeisterte. Unter den vielen, vielen interessanten Seminaren stach besonders ein Schwerpunkt hervor: Viele Professoren lehrten zu den Themen Sicherheitspolitik und Terrorismusbekämpfung — besonders relevant für jeden, der mit Politikberichterstattung zu tun hat. Um amerikanische Sicherheitsgesetzgebung und ihr Für und Wider ging es beispielsweise in Professor Sillimans Kurs an der renommierten Duke Law School. Wer hier auf den gemütlichen Ledersesseln vor den großen Glasfronten mit Blick auf den schuleigenen Forst Platz nahm, der konnte etwas über den Einfluss von Juristen auf die Politik erfahren — und den Einfluss der Politiker auf das Recht. Und natürlich hat die Duke Law School auch ein internationales Programm. Selten habe ich in so kurzer Zeit so viele Sprachen gehört wie bei einem Essen mit diesen Studenten.

Besonders interessant ist natürlich auch die inneramerikanische Sicht auf Maßnahmen der Terrorismusbekämpfung — diskutiert in David Schanzers Kurs „Counterterrorism Law and Policy“. Die Argumente, die die amerikanischen Studenten vorbringen, sind völlig andere als die, die deutsche Studenten anführen würden. Gerade das machte diesen Kurs zu einer Bereicherung für Zuhörer wie mich. Solche Diskussionen sind es, in denen man lernt, die Sichtweise in anderen Ländern zu verstehen — und die es einem Journalisten ermöglichen, Vorgänge und Haltungen im Ausland besser zu erklären.

Auch an der University of North Carolina in Chapel Hill, die ganz in der Nähe ist, spielte das Thema Terrorismus eine große Rolle. So konnten wir dort Clintons Verteidigungsminister Perry zuhören, der im Rahmen der Global Security Conference über die aktuelle Bedrohung durch Terrorismus sprach.

Bei unserem Ausflug nach Washington tauchte das Thema Terrorismus natürlich auch auf. Im Pentagon befragten wir einen amerikanischen Colonel zum Irak-Krieg. Eine einmalige Gelegenheit, ein hochspannendes Gespräch.

Auch wenn ich meinen Schwerpunkt auf Veranstaltungen zum Thema Terrorismus gelegt habe, so gab es unglaublich viele andere Veranstaltungen zu so unterschiedlichen Themen wie Dokumentarfilm, afrikanische Politik oder Myanmar. Ich muss zukünftige Teilnehmer dieses Programms an dieser Stelle desillusionieren: Alle interessanten Vorträge und Diskussionsrunden zu besuchen ist einfach unmöglich, und zwar genauso unmöglich wie, sich zu langweilen.

Diese Erfahrung in den USA zu machen und etwas über die amerikanische Sichtweise auf verschiedene Dinge zu erfahren, ist großartig — sie wird aber noch viel wertvoller, wenn man sie als Mitglied einer Gruppe von Journalisten aus Deutschland, Südafrika, den USA und Südkorea macht.

Und natürlich hatte jeder Teilnehmer die Möglichkeit zu hören, wie der eigene Job anderswo aussieht. Man kommt zurück und sieht das, was man täglich tut, mit anderen Augen.

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Katja Weber, Rundfunk Berlin-Brandenburg

Vier Wochen in den USA — keine Arbeit, keine Aufträge, sondern nur einer: in diesem riesigen Land zumindest eine kleine Probebohrung machen. Welch ein Luxus! Die letzte Arbeitswoche vor dem Abflug habe ich einfach runtergerissen — Augen zu und durch. Samstag früh wollte ich fliegen und den Sonntag nutzen, um mich vor Programmbeginn mit meiner Umgebung etwas vertraut zu machen. Aber merke: Auch in der globalisierten Welt verläuft nicht immer alles, wie auf den Flugplänen angegeben. Denn im Nordosten der USA hatte es geschneit und alle Flüge wurden kurzerhand abgesagt. Ich raffe hier die Erzählung etwas, verzichte auf die minutiöse Schilderung weiterer abgesagter Verbindungen, lasse das zunächst zum falschen Ort expedierte Gepäck unerwähnt und beame mich vorwärts: endlich in Durham.

Ein hübsches Apartment und nette Programmkollegen; beim ersten Zusammenkommen in unserem Seminarraum denke ich, ich bin in einer Versammlung der Vereinten Nationen gelandet: die Menschen, mit denen ich die nächsten Wochen verbringen werde, kommen aus China, Deutschland, Frankreich, Indien, Ukraine, USA, Südafrika und Südkorea. Im Laufe der Wochen stellt jeder von uns seinen Beruf und seine „media challenges“ vor. So erweitert sich das Programm für mich: ich lerne nicht nur viel über die USA, sondern zudem über etliche andere Staaten. Wie verwindet die Ukraine die aktuelle Krise? Wie stark ist die chinesische Zensur? Kann man in Südafrika über AIDS berichten?

Aber natürlich steht die Berichterstattung der amerikanischen Medien für mich im Vordergrund. Das erste, was ich sehe, als ich den Fernseher im Hotel anschalte, ist die Berichterstattung anläßlich das vierten Jahrestages des Einmarsches der U.S.-Truppen in den Irak. Eine CNN-Reporterin berichtet live aus Bagdad, besucht das, was vom ehemaligen Journalisten-Hotel „Palestine“ übrig ist. Eine sehr persönliche, auch berührende und recht kritische Bestandsaufnahme. Begeistert bin ich, als ich endlich WUNC höre, „unseren“ Ableger des National Public Radios in Durham: In der Sendung „Democracy Now“ werden sämtliche Ansprachen der am Wochenende zuvor in Washington abgehaltenen Anti-Kriegs-Demo gesendet. Ebenfalls auf WUNC läuft der wunderbare „Prairie Home Companion“ mit Garrison Keillor, eine nur aufs Medium Radio ausgerichtete Show mit Musik, Gesang, Gags — eine Sendung, die süchtig macht (und die Robert Altman sehr liebevoll in seinem letzten Film beschreibt).

Zuvor hatte ich von anderen USA-Reisenden schon viel über NPR gehört, aber es übertrifft mit seiner seriösen, im besten Sinne altmodischen Berichterstattung meine Erwartungen bei weitem! Und das tollste: die Hörer lieben ihr unabhängiges Radio so sehr, daß sie es materiell am laufen halten, denn nur 12 % der Mittel bekommt NPR vom Staat. Aber die amerikanische Medienlandschaft bietet ja noch so viel mehr: der unglaublich smarte Jon Stewart mit seiner „Daily Show“, einer Satireshow, der angeblich viele junge Amerikaner den größten Teil ihrer politischen Bildung verdanken — unverschämt und brillant. Interessant sind auch die Kriegsreportagen in der „New York Times“ — eine Gattung, die ich aus deutschen zeitgenössischen Medien nicht kenne, höchstens aus der publizistischen Vergangenheit. Aber auch im Kleinen gibt es Entdeckungen zu machen: Studenten der Duke University stemmen täglich eine eigene Zeitung: der „Chronicle“ bietet gut aufbereitete Informationen und wird allem Anschein nach auch sehr gerne gelesen. Natürlich sind die „Fox News“ unterirdisch (wenn mich nicht alles täuscht, wurde in den vier Wochen mindestens dreimal genüßlich-empört von Lehrerinnen, die ihre minderjährigen Schüler vernaschen, berichtet), aber es liegt beim Konsumenten, was er wählt — und in den USA gibt es wirklich eine reiche Auswahl.

All diese Themen sind Gesprächsstoff für unsere multinationale Truppe. Laurie, unsere engagierte Betreuerin, sorgt für ein prallvolles Programm — weder content noch socializing kommen zu kurz. Um das Eis zu brechen, beraumt sie kurzerhand einen pot luck-Abend an: jeder soll eine landestypische Spezialität mitbringen. So steht dann ukrainischer Salat neben Sushi, Schnitzel neben Apple Pie. Ein schöner Abend, der beim Kennenlernen und Beschnuppern hilft. Acht von uns setzen diese Art des Beisammenseins im größeren Maßstab fort: wir verbringen ein herrliches langes Wochenende in den Outer Banks. John, Reiseredakteur bei der „Washington Post“, hat ein wunderbares Strandhaus in Duck, N.C. ausfindig gemacht: riesengroß mit etlichen Schlafräumen und Bädern, direkt am Strand gelegen, mit einer hot tub auf der Veranda. Und das alles, da außerhalb der Saison, zum Spottpreis. Wir trinken Bier in der heißen Wanne, John und Caroline kümmern sich um ein echt amerikanisches Barbecue und mein erster Sonnenbrand des Jahres ist inklusive. Das Leben als Duck-Fellow könnte nicht besser sein.

Aber Laurie hat noch eine Menge anderer Angebote im Köcher: ein weiterer Höhepunkt in ihrem Programm ist ganz klar Zbigniew Brzezinski, der ehemalige Sicherheitsberater von Jimmy Carter. Er kommt ins Sanford Institute und spricht anläßlich seines neu erschienenen Buches zur Frage „Will American superpower have a second chance?“. Seine Analyse ist bitter: die strahlende, furchtlose Nation ist unglaubwürdig geworden, hat ihre Autorität eingebüßt. Und, was noch schlimmer ist, sie hat ihre Ideale verloren, also das, was sie jahrzehntelang ganz selbstverständlich zur Supermacht gemacht hat. Seine selbstgestellte Frage beantwortet Brzezinski nicht direkt. Wenn er müßte, würde er sie vor dem Hintergrund der gegenwärtigen politisch-ethischen Verfassung des Landes wohl verneinen. Seine Rede ist spannend, die anschließende Diskussion auch. Ein Blick in die online-Ausgabe der „Washington Post“, die kurz zuvor einen inhaltlich ähnlichen Artikel von Brzezinski veröffentlicht hat, zeigt allerdings, daß die amerikanische Öffentlichkeit in ihrer Zusammensetzung nicht unbedingt der Zusammensetzung eines Auditoriums an einer teuren Privatuniversität entspricht: viele Leser sind empört, andere erinnern zu Recht an die politischen Fehlentscheidungen und Weichenstellungen, die während Carters und Brzezinskis Amtszeit getroffen wurden.

Spannend auch der Abend mit John Burgess, dem Boss der Öffentlichkeitsarbeit an der Duke University. Er vermittelt uns, wie sich das mediale Inferno nach dem Lacrosse-Skandal 2006 angefühlt haben muß: Tausende von Presseanfragen, mehr oder minder wahrheitsliebende Berichte, hysterische Reaktionen — und das über Monate. Auch Laurie versorgt uns reichlich mit Lektüre zum Skandal und seinen Folgen. Gerade anhand dieses heiklen Themas läßt sich viel über journalistische Sorgfalt und Standards lernen. Auch im Universitätsalltag spielt der Skandal noch eine Rolle. Das bekomme ich zu spüren, als ich eine Professorin per e-mail frage, ob ich wohl an ihrem Seminar „race and politics“ teilnehmen dürfe. Ihre Antwort fällt dermaßen reserviert aus (ja, falls ich alle Unterlagen zum Seminar gelesen habe, keine Fragen stellen und nicht versuchen werde, die Diskussion zu beeinflussen, nicht über ihre Studenten oder den Unterrichtsstoff berichten werde), daß es einer Absage gleicht. Als Externe, Journalistin noch zudem, bin ich zumindest in diesem Seminar nicht willkommen. Während unseres Aufenthaltes wird das Kapitel Lacrosse-Skandal zumindest offiziell geschlossen: die Anklagen gegen drei der Spieler werden im April fallengelassen.

Das Erlebnis mit der abweisenden Professorin ist im Übrigen die Ausnahme geblieben: die meisten Professoren sind ausgesprochen liebenswürdig und freuen sich über unser Interesse an ihren Klassen. Für mich als Versehrte des deutschen Hochschulwesens ist es ein mittlerer Kulturschock, derart serviceorientierte Lehrer zu treffen: die komplette Lektüre zu allen Seminaren steht im Netz, die Tür zum Büro der Lehrenden immer offen. Und — auch das ein echtes Novum für mich — zur Filmvorführung von „All the president’s men“ über den Watergate-Skandal wird den Studenten im Rahmen eines Seminares Popcorn und Cola serviert!

Wunderbarerweise gehörte auch ein ausgiebiger Washington-Besuch zu unserem Programm: Laurie hatte all ihre Beziehungen spielen lassen und uns nicht nur einen Besuch im Foreign Press Center, bei der Washington Post und bei NPR organisiert, sondern auch im Pentagon! Nach zahlreichen Sicherheitschecks waren wir drin — und konnten sehen, wie sehr insbesondere diese Schaltstelle der Vereinigten Staaten unter dem Eindruck des 11. September 2001 steht: Schon im Eingangsbereich Wandteppiche, Handarbeiten und Geschenke, mit denen Menschen aus der ganzen Welt ihre Anteilnahme ausdrücken möchten. Greg Hicks, der Press Officer, zeigt uns den Gedenkraum und das Memorial. Und: Wir dürfen an einer Videokonferenz teilnehmen, in der Col. Paul E. Funk, derzeit im Norden Bagdads stationiert, die anwesenden Journalisten und uns davon überzeugen möchte, daß die Anschläge im Irak zurückgehen und die Freundschaft zwischen Irakern und U.S.-Truppen täglich enger wird. Wir dürfen uns an der anschließenden Diskussion nicht beteiligen, es ist aber auch durchaus interessant zu sehen, wie geschickt die amerikanischen Kollegen nachhaken; freundlich im Ton, aber bestimmt im Inhalt. So fragt eine Journalistin, was es bedeute, daß jetzt, nachdem die Truppen so innig mit der Bevölkerung kommunizierten, die Anschläge zurückgingen, solle das etwa heißen, daß man fast vier Jahre lang nicht mit der Bevölkerung gesprochen habe und erst jüngst auf diese Idee mit der Kommunikation verfallen sei? Der Colonel kommt kurz in Erklärungsnot. Und trotzdem beschließt er seine Ansprache erstaunlich freimütig: „My troops astonish me by their agility and their lethality“. Ebenso freimütig gibt der Presse Offizier anschließend bei einer Tasse Kaffee zu, daß solche Aussagen nicht unbedingt die sind, über die sich sein Berufsstand freut.

In der Presse-Abteilung des Pentagon hängt ein Plakat, von dem Uncle Sam grimmig auf den Betrachter schaut, mit dem Finger auf ihn zeigt und sagt „We’re at war!“ Wie sehr diese Tatsache auf die U.S.-Amerikaner zutrifft, wird mir bei diesem Besuch klar. Und es stimmt natürlich auch für die Menschen, die trotz klirrender Kälte vor dem Pentagon gegen den Krieg protestierten. Auch auf ihren Autos zeigen viele, wie sie zum Krieg stehen: die entsprechenden Aufkleber reichen von bedingungsloser Solidarität nach dem Motto „Wer kritisiert, ist ein Nestbeschmutzer“ bis hin zu „Honor the Dead / Heal the Wounded / End the War.“

Ein anderer Höhepunkt ist mit Sicherheit das „Full Frame Documentary Festival“: das ansonsten geisterstadtähnliche Zentrum Durhams wird belebt, kontroverse Produktionen werden gezeigt und selbst Michael Moore läßt sich blicken. Im Gespräch mit den Kollegen erweist sich im Verlauf der vier Wochen ohnehin immer wieder Film als das denkbar beste Medium, um sich über den Zustand der Welt und die möglichen Perspektiven auf sie auszutauschen. Wir sehen und debattieren Sasha Baron Cohens „Borat“ ebenso wie Florian Henckel zu Donnersmarcks „Das Leben der anderen“ (der zu meinem Leidwesen einfach allen bedingungslos gefällt). Aber zurück zum Festival: Hier werden wirklich hervorragende Dokumentarfilme gezeigt. Besonders interessant sind für mich dabei natürlich wieder die Filme, die U.S.-Themen verhandeln. Ich sehe Filme über die mit religiösem Eifer geführte Schlacht um das Recht auf Abtreibung, über Bob Dylan und über die anschwellenden Surburbias in Nordamerika — jeder von ihnen ist ausgezeichnet.

Bereichernd sind aber nicht nur die offiziellen Programmpunkte. Genauso spannend sind unsere Exkursionen in die amerikanische Shoppingwelt: Wer kann angesichts einer Auswahl von 60 Senfsorten noch eine vernunftgelenkte Kaufentscheidung treffen? Wieso soll ich zwei Paar Turnschuhe kaufen, wenn ich doch nur eins brauche? Warum sind birkenstockartige Schuhe aus Plastik so angesagt?

Auffällig im Alltag ist für mich, wie aufgeschlossen und im netten Sinne neugierig die Menschen auf der Straße sind. Kaum vernehmen sie meinen Akzent, fragen sie „Where are you from?“

Erstaunlich viele haben irgendeinen Bezug zu Deutschland: der Vater war in Frankfurt stationiert, sie selbst waren mal in Heidelberg oder die Schwiegertochter kommt aus Bayern. Viele reagieren begeistert, wenn ich sage, daß ich in Berlin lebe. Sie wollen wissen, ob es uns auch so peinlich war, als George W. Bush versuchte, ganz selbstverständlich die transatlantischen Spannungen aus Mrs. Mörkls Nacken herauszumassieren? Dieses freundliche Interesse ist für mich wirklich überraschend. Und meine Überraschung wächst ins Unermeßliche, als ich in Washington mehrfach gefragt werde, ob man mir helfen könne, als ich gerade auf den Stadtplan schaue, um mich zu orientieren. Einmal, ich gucke gerade mit einem deutschen Kollegen auf die Karte, fragt uns ein junger Amerikaner sogar auf deutsch! In Berlin könnte man als Tourist wohl mehrere Stunden weinend auf der Straße stehen und bekäme diese Hilfe noch immer nicht angeboten. Beschämt beschließe ich, eine Prise dieser zu Unrecht belächelten Freundlichkeit nach Deutschland zu importieren.

So gesehen habe ich nicht nur viel über die USA gelernt, sondern vielleicht auch über mich und mein Land. Die zentrale Erkenntnis meiner Probebohrungen war allerdings, daß die USA unfaßbar viele kleinere Szenen und Kulturen umfaßt; daß es für viele, auch für sehr anspruchsvolle Informationen, Musik und Interessen einen riesigen Markt gibt. „Die amerikanische Öffentlichkeit“ ist eine Fiktion. Für die Möglichkeit, diese Erfahrung aus vielen kleinen, lebendigen Eindrücken zusammensetzten zu können, möchte ich mich bei der Rias Kommission in Berlin und Laurie Bley in Durham ganz herzlich bedanken.

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Monika Wimmer, Freelancer

Jing ist Producerin bei Sky News in Peking. Sie bekommt oft Einladungen von den Beamten der Staatssicherheit. Beim gepflegten Abendessen wollen die dann viel von ihr wissen — etwa wann ihre britischen Kollegen mal wieder die Stadt verlassen. „Sie wollen einfach nur zeigen, dass sie uns im Auge behalten“, sagt Jing. Und trotzdem berichtet Sky News regelmäßig über Missstände, über die die chinesische Regierung kaum Worte verliert — zum Beispiel: über den Aids-Skandal in der Provinz Hunan oder den Organraub an Falun-Gong-Häftlingen. Das meiste Material dafür haben Jings Kollegen heimlich gedreht.

„Media Challenges“ heißt die mittägliche Veranstaltung, zu der wir uns fast täglich in unserem Büro im 4. Stock des DeWitt Wallace Center for Communcations and Journalism treffen. Eingedeckt mit einem Santa Fe Chicken Sandwich und einem übergroßen skimmy Cappuccino lausche ich den anderen Fellows.

Annika ist Reporterin bei E-TV, dem einzigen unabhängigen südafrikanischen Fernsehsender. Jeden Abend berichtet sie vor laufender Kamera — von Bombenanschlägen, Buschbränden und Kindsmorden. Beinahe Alltag in einem Land, über das man in Deutschland nur wenig erfährt. Was Krissah von der Washington Post erzählt, kommt mir eher bekannt vor: Der Zeitung laufen die Leser weg. Und so setzt die Post immer mehr auf das Internet und unterhält auch eine eigene Radiostation.

Es gibt wohl nur wenige Orte, an denen die große weite Welt und kleinstädtische Idylle so dicht beieinander liegen wie an der Duke University. Die Kulisse: viel brauner Sandstein, neogotische Zinnen, dazwischen gepflegtes Grün und rundherum der schier unendliche Wald von Durham. Durch die Bäume hüpfen Eichhörnchen, in den Sarah-Duke-Gardens blühen die ersten Tulpen und Narzissen. Vor der Chapel stehen Studenten im Sportdress, die wohl gerade ihre Runden um den an den Campus angrenzenden Golfplatz gelaufen sind.

Mein Lieblingsort an der Uni ist der Lesesaal der Bibliothek. Bis tief in die Nacht kann man sich hier durch Tausende von Zeitschriften aus aller Welt wühlen oder einfach nur in einem der vielen geblümten Sofas Romane lesen. Ich verschlinge den „Paten“, die Lektüre meines wunderbaren Literaturkurses.

Bei der Wahl meiner Kurse und Veranstaltungen habe ich mich streng an den Rat unserer Programmbetreuerin Laurie Bley gehalten und allein nach dem Lustprinzip entschieden. So erfahre ich nicht nur viel über Mario Puzzos Mafiaschinken und seine Bedeutung als Bildungsroman, sondern auch über den dramaturgischen Aufbau von Dokumentarfilmen und die Möglichkeiten, Terrorismus nach dem Prinzip Zuckerbrot und Peitsche zu bekämpfen. Im Deutschkurs stelle ich fest, dass die Studenten wesentlich mehr über deutsche Wirtschaftspolitik wissen als ich. Tief beeindruckt bin ich auch, als eines Abends Paul Rusesabagina in Duke zu Gast ist, dessen Lebensgeschichte in „Hotel Ruanda“ verfilmt wurde. Mehr als 1000 Flüchtlinge hat er während des Genozids in Ruanda gerettet.

Mein Lieblingsseminar heißt „Audio Documentary Studies“. Mit mir sind es gerade einmal vier Studenten, die mit John Biewen über das so genannte „European Feature“ diskutieren und kunstvollen Klangcollagen lauschen. Dass die öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland fast täglich Features und Reportagen ausstrahlen, die bis zu einer Stunde lang sind, können meine Kommilitonen kaum glauben. In den USA gibt es nur eine Handvoll Journalisten, die mit solchen Sendungen ihren Lebensunterhalt verdienen, sagt John Biewen. Ich frage mich, ob es wohl in Deutschland in ein paar Jahren genauso aussehen wird.

Die Menschen in Duke und Durham waren unglaublich nett und hilfsbereit. Ein Kaffee mit dem Prof? Gerne, jederzeit. An welcher Haltestelle muss ich raus? Kein Problem, der gesamte Bus diskutiert das Problem und findet die richtige Lösung. Die Damen vom Sanford Deli begrüßen mich jeden Tag freudig mit Vornamen und erkundigen sich nach meinem Befinden. „In die USA zu reisen, fühlt sich an wie eine wohlig warme Dusche“, hatte eine Freundin vor meinem Abflug gemeint. Ich weiß heute genau, was sie gemeint hat.

An unserem zweiten Wochenende in Durham machen wir uns auf den Weg in den tiefen Süden nach Charleston. Dort kutschieren wir durch die Parks und Reisfelder der ehemaligen Plantagen. Nur durch das Wissen der Sklaven über den Reisanbau sind die Besitzer zu ihrem Reichtum gekommen. Bis heute wird in den USA zu wenig über die historischen Verdienste der Schwarzen gesprochen, meint die Washington Post-Reporterin Krissah.

Nach zwei weiteren Uni-Tagen in Durham brechen wir dann schon zum Kontrastprogramm auf. Wir fahren aus der Südstaatenidylle in die Hauptstadt: nach Washington D.C., das mich auf den ersten Blick an Bonn erinnert. Bunte Häuser mit hübschen Erkern, ein beschaulicher Fluss und fast alles lässt sich zu Fuß erlaufen. Dieser Eindruck ändert sich schnell, als wir ins Regierungsviertel kommen und die weißmarmornen, imposanten Bauten bewundern.

Am allermeisten beeindruckt mich jedoch der Besuch des Pentagons, in das wir nach akribischen Sicherheitschecks mit einer Rolltreppe einfahren. Hier sind wir sogar live bei einer Pressekonferenz mit einem U.S.-General im Irak dabei, der via Satellit zugeschaltet ist.
Doch damit ist das Thema „amerikanische Außenpolitik“ auch schon beendet. Lieber erzählt unsere Führerin Janet vom guten Arbeitsklima im amerikanischen Verteidigungsministerium. Sie führt uns durch den Innenhof, in dem ein Hotdog-Stand steht, den die Russen jahrelang via Satellit ausspioniert haben. Wir machen Pause in der in freundlichen Pastellfarben gestrichenen Cafeteria. Schließlich besuchen wir die kleine Kapelle, die nach dem 11. September eingerichtet wurde. Der Schock über den Tag, als die Amerikaner die Zielscheibe von Terroristen wurden, steht Janet ins Gesicht geschrieben. Über den Kampf gegen den Terror, den Präsident Bush den Anschlägen folgen ließ, verliert sie kein Wort.

Auch in Duke hatte ich oft das Gefühl, dass kaum jemand gerne über Außenpolitik zu sprechen scheint. Als zum Beispiel in meiner letzten Woche an der Uni die Oscar-Preisträgerin Barbara Trent ihren neuen Dokumentarfilm präsentiert, in dem amerikanische Soldaten über ihre Erfahrungen im Irak sprechen, sitzen nur eine Handvoll Zuschauer in dem riesigen Hörsaal. „Die Amerikaner halten still und warten auf bessere Zeiten“, lautet die Einschätzung einer New Yorker Freundin, die ich nach dem Aufenthalt in Duke noch für eine Woche besuche.

Meine letzte Woche in Duke lasse ich ruhig angehen: Ein Besuch im Primatenzentrum, die letzten Kapitel des „Paten“ im Lesesaal der Bibliothek, lange Spaziergänge durch den tiefen Wald von Durham und dann das Abschiedsessen mit den anderen Fellows und unserer engagierten Programmdirektorin Laurie. Als Laurie uns unsere „Media Fellow“-Urkunde überreicht, freue ich mich schon darauf, eines Tages wieder zu kommen.