Deutsche Journalisten reflektieren ihre Erfahrungen währends des Programms der RIAS Berlin-Kommission in den USA vor den Präsidentschaftswahlen

Hier sind die Erfahrungsberichte von 11 deutschen Journalisten in den USA in einer besonders spannenden und entscheidenden Zeit – nur wenige Wochen vor der Präsidentschaftswahl.

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Jana Münkel, Deutschlandradio, Berlin

Meine RIAS-Erfahrung war einmalig und unvergesslich: Sie hat sich wie ein sehr intensives Bad in verschiedenen Perspektiven, Meinungen, Argumenten und im Vorfeld der US-Wahlen angefühlt. Eine bunte Badekugel sozusagen, die jeden Tag Neues und Überraschendes bereithielt – und das habe ich sehr genossen. Besonders in Erinnerung werden mir die Tage in Michigan beim Radio WKAR bleiben, einem lokalen Ableger von NPR: Ein Mini-Roadtrip zu Interviews mit Arabic Americans in Detroit, die ihre Community davon überzeugen wollen, bei den Wahlen weder für Harris noch für Trump zu stimmen und damit im Swing State durchaus für Wirbel sorgen. Eine total sympathische Radioredaktion in Lansing mit einer tollen RIAS-Alumna als Host (danke Sophia!) mit einem Spontan-Interview über meine Zeit in den USA. Eine Demokraten-Rally mit der First Lady herself. Und der typische Sonntags-Besuch der Michiganer mit dem Geruch nach frisch gepresstem Apfelsaft: Ciderverkostung auf einer Apfelfarm! Ein paar Erlebnisse, die hängenbleiben: Die Diskussion in der Heritage Foundation, dem Entstehungsort des ultrakonservativen Project 2025 – und kurz danach das Kontrastprogramm beim eher Demokraten-nahen Center for American Progress. Der Blick hinter die Kulissen beim Podcast „The Daily“ bei der New York Times. Und ein joggender Mr. President, der auf dem Gelände des Weißen Hauses in seinem Helikopter verschwindet und in die Hurrikan-Gebiete aufbricht. Was aber mindestens genauso bereichernd war: Der zwischenmenschliche und inhaltliche Austausch mit den aktuellen und ehemaligen RIAS-fellows, ob auf der Dachterrasse in Washington D.C. diskutierend oder karaokesingend in NYC. Ich bin noch dabei, wieder aufzutauchen aus dem Erfahrungs-Bad, wische mir den vielfarbigen RIAS-Badeschaum aus dem Augenwinkel – und freue mich, dass es künftig im Berliner RIAS-Chapter weitergeht. Danke an alle, die diese Reise so möglich gemacht haben!

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Katharina Thoms, Deutschlandradio, Stuttgart

Eine Town Hall in Pennsylvania. Neben mir eine Reporterin meines Host-Senders KYW im Pressebereich. Wir sind umgeben von einer ausgelassenen, manchmal aggressiven Menge. Auf der Bühne schunkelte ein ehemaliger Präsident, der nun erneut für das Weiße Haus kandidiert, mehr als eine halbe Stunde lang zu seinen Lieblingsliedern. Diese surreale Szene war vielleicht der denkwürdigste Moment einer unglaublichen Reise mit dem RIAS-Programm während der Zeit vor den Wahlen in den Vereinigten Staaten. Und es war lediglich ein Teil einer zutiefst aufschlussreichen zweiwöchigen Erfahrung. Während meiner Zeit bei KYW Newsradio in Philadelphia, Pennsylvania, habe ich schnell gelernt, wie das private Radio hier funktioniert und was es von Journalisten und Journalistinnen verlangt. Die Zusammenarbeit mit dem fantastischen Team von KYW war eine unschätzbare Erfahrung. Ich bekam aus erster Hand einen Einblick in die Schnelllebigkeit amerikanischer Nachrichtenredaktionen. Die intensiven Diskussionen mit Medienexperten, Forschern und Think Tanks, die wir vor und nach unserer Zeit bei den Sendern in Washington, D.C. und New York City führten, machten eines deutlich: Die USA bereiten sich auf eine mögliche zweite Trump-Regierung vor. Progressive hoffen immer noch, sie können dieses Ergebnis verhindern. Aber Optimismus ist rar geworden. Unser Gespräch mit der Heritage Foundation hat mich sprachlos gemacht: Wie offen dort deren antidemokratischen Ideen vertreten werden. In Deutschland befürchten wir das noch. Jenseits des Atlantiks fühlt es sich eher wie Resignation an. Mir wurde aber auch klar, dass wir vor vielen gleichen Herausforderungen stehen: Migration, steigende Lebenshaltungskosten und Klimawandel. Die USA sind uns einfach ein paar Schritte voraus. Wir teilen auch dieselben großen Sorgen in Bezug auf den Journalismus: In einem geteilten Land, konfrontiert mit einem zerrütteten Medienökosystem. Ich habe viele engagierte Journalisten getroffen, die trotz dieser Herausforderungen nicht aufgeben. Die Gespräche mit dem Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) und der Columbia Journalism Review waren für mich sehr wertvoll. Als Radio- und Podcast-Autorin schätzte ich besonders die Einblicke, die wir von NPR und „The Daily“ der New York Times erhielten. Ich fühle mich sehr geehrt, dass ich an diesem RIAS-Austausch mit dieser außergewöhnlichen Gruppe von Journalistinnen und Journalisten teilnehmen durfte.

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Marchus Tychsen, WELT TV, Berlin

Als Last-Minute-Teilnehmer hatte ich die tolle Möglichkeit, kurzfristig im Oktober 2024 am RIAS Austauschprogramm für deutsch-amerikanische Journalisten teilzunehmen. Und wow, was für eine Reise! Das Programm war vollgepackt mit Momenten, die einen fantastischen Einblick in politische, soziale und historische Gegebenheiten in den USA boten - und das kurz vor den US-Wahlen! Perfektes Timing für uns Journalisten. Ein Höhepunkt waren die Debatten mit Think Tanks in Washington, D.C. Bei der ultrakonservativen Heritage Foundation diskutierten wir über die US-Migrationspolitik und das Project 2025. Es soll die Machtbefugnisse eines republikanischen Präsidenten erweitern und die Entlassung von Regierungsbeamten aus politischen Gründen erleichtern. Dies besorgt zum Beispiel das Center for American Progress, einen weiteren Think Tank. Das Pew Research Center zeigte uns überraschende Statistiken, laut denen die meisten weißen christlichen Wähler Trump statt Biden unterstützen. Ein weiterer Höhepunkt war der Besuch im Weißen Haus, wo langjährige Korrespondenten Einblicke in ihre Arbeit gaben. Wir konnten sogar einen Blick auf Präsident Joe Biden erhaschen, der mit der Marine One aus dem Rosengarten abhob. Verschiedene Besuche bei US-amerikanischen Fernseh- und Radiosendern beleuchteten die Rolle der Medien bei der Wahlberichterstattung. Um einen tieferen Einblick in den Lokaljournalismus zu bekommen, durfte ich WSOC-TV in Charlotte, North Carolina besuchen. Dort begleitete ich den politischen Reporter Joe Bruno zu einer Wahlkampfveranstaltung mit Lara Trump. Außerdem begleitete ich Kollegen bei der Live-Berichterstattung. Darüber hinaus besuchte ich ein NFL-Spiel der Carolina Panthers. Es war laut, wild und unvergesslich - trotz der Niederlage des Heimteams. In New York war die Führung durch das 9/11 Memorial unter der Leitung von Gordon Huie sehr emotinal. Die Treffen mit dem Committee to Protect Journalists, bei der New York Times, Bloomberg und mit UN-Sprecher Farhan Haq haben mein Verständnis für die Arbeit der US-Medien sehr bereichert. Ich bin der RIAS Berlin Kommission unglaublich dankbar für diese großartige Erfahrung. Sie hat nicht nur mein Wissen über die mediale und politische Arbeit in den USA vertieft, sondern mich auch perfekt auf die Berichterstattung über die bevorstehende Wahl bei WELT TV vorbereitet. Ein riesiges Dankeschön an alle Beteiligten!

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Kristina Gründken, ZDF, Mainz

Es ist kurz vor sechs und die untergehende Sonne taucht die Sonora-Wüste mit ihren Felsen und riesigen Saguaro-Kakteen in ein tiefes Orange. Ich kann immer noch kaum glauben, dass das RIAS-Programm mich an diesen wunderschönen, faszinierenden Ort gebracht hat. Tucson, Arizona, ist ein krasser Gegensatz zum energiegeladenen und schnelllebigen Politik-Zirkus in Washington, D.C., den wir in der Woche zuvor erlebt haben. Während unserer Station Days erkunden wir mit unserem Gastgeber Christopher „Buzz“ Conover (Arizona Public Media) die Gegend und lernen die Belange der Menschen hier kennen. Obwohl Arizona an der mexikanischen Grenze liegt, gibt es kaum Anzeichen für die Migrationskrise, die in diesem Wahlkampf so oft diskutiert wird. Der hoch aufragende Grenzzaun (mit Stacheldraht seit der ersten Trump-Präsidentschaft), vor dem wir am nächsten Tag stehen, schreit zwar „Stay out!“ Dennoch überqueren jeden Tag Tausende legal die Grenze - in beide Richtungen - um zu arbeiten, einzukaufen oder Freunde zu besuchen. In Tucson herrscht Wohnungsnot und wir sehen viele Obdachlose auf den Straßen, aber nur wenige von ihnen sind Latinos. Hier, in der Hitze Arizonas, lässt sich erahnen, wie verzweifelt jemand sein muss, um durch die Wüste ins Land zu kommen. Diejenigen, die es versuchen, müssen einen tagelangen Marsch bei sengender Hitze überstehen. Selbst jetzt, im Oktober, erreichen die Temperaturen noch 38 Grad, und 2024 dürfte eines, wenn nicht das heißeste Jahr werden, das in Pima County je gemessen wurde. Überhaupt: Der Klimawandel ist eines der drängendsten Probleme hier, erzählt uns Buzz. Agrarunternehmen und Landwirte pumpen immer mehr Grundwasser ab, wodurch sich die Wasserknappheit weiter verschärft. Kurz bevor unser nächster Flug uns zurück an die Ostküste, nach New York City, bringt, besuchen wir noch das Aufsichtsgremium von Pima County. Der Konsul von Mexiko und mehrere Bürger werden geehrt, ein paar Trump-Anhänger stehen besonders stramm und salutieren, während drei Mädchen einer Mariachi-Band die Nationalhymne singen. Diese besonderen Momente werden mir noch lange in Erinnerung bleiben. Zwei Wochen in den USA kurz vor den Wahlen - mit einer Gruppe wunderbarer Journalisten, die schnell zu Freunden geworden sind. Zwei Wochen voller Begegnungen mit amerikanischen Journalisten, NGOs und Think Tanks auf allen Seiten des politischen Spektrums. Eine unbezahlbare Erfahrung! Danke, danke, danke an Pam, Chris, Buzz und das gesamte RIAS-Team.

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Anna Tschöpe, Deutsche Welle, Berlin

In diesen zwei Oktoberwochen habe ich immer wieder das Zeitgefühl verloren. Wir haben so unglaublich viel erlebt und erfahren, dass wir manchmal das Gefühl hatten, schon Monate unterwegs zu sein. Dann wieder gab es Momente, die so besonders waren, dass die Zeit still zu stehen schien. Mir ist jetzt noch klarer als vorher, dass das Rennen zwischen Harris und Trump extrem knapp sein wird und das Ergebnis wahrscheinlich erst in einigen Tagen nach der Wahl feststehen wird. Die Themen, die die Menschen in den USA zur Wahl bewegen, sind ähnlich wie hier in Deutschland: Es geht um Geld, das nicht bis zum Monatsende reicht, um explodierende Preise und um Einwanderung. An einem Tag sprachen wir mit Mitgliedern der konservativen Heritage Foundation über ihr umstrittenes Strategiehandbuch „Project 2025“ und am nächsten Tag saßen wir mit Forschern des Center for American Progress zusammen und hörten ihre Vision für das Land. Für mich war es unglaublich wertvoll, diese unterschiedlichen Perspektiven zu hören und meine Fragen stellen zu können. Besonders gefreut habe ich mich über den Besuch beim Pew Research Center, da ich einige ihrer Statistiken bereits in meiner Arbeit für die DW verwendet habe. Sie haben uns ihre Daten darüber gezeigt, wie Menschen mit unterschiedlichen religiösen Überzeugungen wählen. Das war sehr interessant und ich hatte das Glück, ihre Ergebnisse während meiner Zeit vor Ort in Atlanta, Georgia, in der Realität widergespiegelt zu sehen. Meine Gastgeberin Faith Jessie nahm uns mit zu einem Gottesdienst in der Ebenezer Church – der Kirche, in der Martin Luther King Jr. einst Pastor war. Der Gottesdienst wurde von US-Senator und Baptistenpastor Raphael Warnock geleitet und von einem beeindruckenden Chor aus College Student*innen begleitet. Ich bekomme immer noch Gänsehaut, wenn ich an dieses Erlebnis denke und werde diesen Moment sicher nie vergessen. Vielen Dank an die RIAS Berlin Kommission für dieses unglaubliche Programm – ich werde mit den besten Erinnerungen darauf zurückblicken und habe nebenbei auch noch ein paar neue Freunde gewonnen. Was will man mehr?

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Moritz Metz, Deutschlandradio, Berlin

Selten hat man so tiefe Einblicke in den Medienbetrieb eines Landes. Press-Briefings im Whitehouse und bei der UNO, Besuche bei NPR, Washington Post, der New York Times, bei NBC, Voice of America und Bloomberg, Hintergrund-Gespräche mit Aktivisten, Forschern und Thinktanks beider politischen Lagern, auch der Heritage Foundation, die hinter dem radikalen Vorhaben 'Project 2025' steckt, mit dem Donald Trump bei einem Wahlsieg nicht nur die Medienlandschaft der USA umkrempeln könnte. 2500 Kilometer Roadtrip durch New York State, die Swing-States Pennsylvania (privat) und North Carolina (auf dem Weg zum meiner Gaststation, dem NPR-Lokalsender WFAE in Charlotte) sowie zu einer Wahlkampfveranstaltung von Kamala Harris zeigten mir unterschiedlichste Seiten dieses Landes, das vor den Wahlen auf der wegweisenden Kippe steht. Das große Thema in den Begegnungen mit beeindruckenden Persönlickeiten - und innerhalb der Gemeinschaft unserer Reisegruppe. Das Gute: So lange und intensiv lernt man selten tolle Kolleginnen kennen! Danke Rias-Berlin-Kommission, diese Wochen der Druckbetankung waren großartig und wahrhaft unvergesslich. Einst haben die USA mit dem 'Rundfunk im Amerikanischen Sektor' den freien Rundfunk in Deutschland mit aufgebaut. Möglicherweise müssen wir bald alle darauf achten, dass er in den USA erhalten bleibt.

Katharina Delling

Katharina Delling, RTL, London

Was für eine Erfahrung war dies! Seit unsere Reise mit RIAS zu Ende ist, versuche ich herauszufinden, welcher Termin der interessanteste war, welche Person mich am meisten beeindruckt hat. Jetzt ist mir jedoch klar geworden, dass es nicht möglich ist, nur ein Erlebnis auszuwählen. Jede der Institutionen, Organisationen und Personen, die wir in den zwei Wochen getroffen haben, hat auf ihre eigene Weise zum Nachdenken angeregt. Das Gespräch mit einigen Vertretern der Heritage Foundation war definitiv eine Erfahrung, die ich sonst nicht gemacht hätte, die Daten, die diese Wahl beeinflussen könnten und die das Pew Research Center in den letzten Jahren oder sogar Jahrzehnten gesammelt hat, haben mir wirklich geholfen, die amerikanischen Wähler besser zu verstehen, und unser Gespräch mit dem Committee to Protect Journalists hat meine Liebe zum Journalismus erneuert und mich dazu gebracht, meinen Job noch besser machen zu wollen. Und dabei handelt es sich nur um einen Bruchteil der Menschen, die wir auf dieser Reise getroffen haben. Die Erinnerungen, die ich in den letzten Wochen gewonnen habe, haben mich in gewisser Weise verändert und werden mir für immer in Erinnerung bleiben. Zum Beispiel zu sehen, wie Präsident Joe Biden über den Rasen des Weißen Hauses „sprintet“ und in seinem Hubschrauber davonfliegt, oder mit Gordon Huie über seine schreckliche Erfahrung am 11. September zu sprechen und wie er immer noch positiv über die Welt denkt. Ich hatte mir von dieser Reise viel versprochen - und das war auch der Fall -, aber ich hatte nicht erwartet, dass ich in so kurzer Zeit so enge Beziehungen sowohl zu den Menschen aus unserer Gruppe als auch zu denen, die wir während unseres Besuchs kennengelernt haben, knüpfen würde. Dafür werde ich für immer dankbar sein.

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Sebastian Deliga, SWR/ARD, Berlin

Diese Reise mit RIAS war in vielerlei Hinsicht eine außergewöhnliche Erfahrung. Sie brachte mir die Vereinigten Staaten näher. Beeindruckend war der Besuch im Weißen Haus mit dem heldenhaften Auftritt von Präsident Biden, der vor unseren Augen in seinen Hubschrauber stieg und in den Himmel flog - ein Glück für denjenigen, der in einem biblischen Zeitalter so auftreten kann. Die Besuche in den Think Tanks waren eine Herausforderung, vor allem bei der Heritage Foundation, wo einer unserer Gastgeber den radikalen Plan „Project 2025“ kommentierte: „Es ist doch nur ein Buch“ - was für ein irritierendes Understatement. Spannend waren die Besuche bei US-amerikanischen Medienunternehmen. Und wie unterschiedlich Management verstanden werden kann, habe ich zum Beispiel bei Bloomberg erlebt, wo es als Ausdruck der Wertschätzung jeden Morgen ein kostenloses Frühstücksbuffet für die Mitarbeiter gibt - nicht übel. Meine Station Days bei WUSA in Washington D.C. waren aufschlussreich, weil ich die amerikanische Art, Live-Sendungen für das Fernsehen zu machen, kennenlernen konnte - wesentlich entspannter als es hier üblich ist. Ich bin dankbar für die vielen Begegnungen mit amerikanischen Freunden. Wir haben viel gemeinsam: Wir haben über alles geredet, auch über die ARD-Sendung „Praxis mit Meerblick“, die erstaunlicherweise auch amerikanische Fans hat. Auch sangen wir: „Muss i denn zum Städtele hinaus“ in der Karaoke-Bar - wer hätte das gedacht? Vielleicht wäre unsere Gesellschaft weniger gespalten, wenn wir in Karaoke-Bars öfter gemeinsam und lagerübergreifend singen würden - in Amerika wie in Deutschland. Ich fühle mich den USA verbundener als je zuvor - trotz aller Widersprüche. Vielleicht sind die Werte der Demokratie wichtiger als die Nation, auch wenn sie mehr Emotionen auslösen kann. Aber ist es nicht erfüllender, sich über Nationen hinweg zu verbinden und gemeinsame Werte zu teilen, als sich isoliert auf sich selbst zu beziehen? Zumindest habe ich das während meiner zwei Wochen in Washington D.C. und New York für mich festgestellt. Ich durfte das Land noch einmal ganz neu kennen lernen - und dafür bin ich der RIAS Berlin Kommission sehr dankbar.

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Anna Postels, NDR/ARD, Hamburg/Bremen

Wenn man seinen ersten Tag mit Jetlag und Müdigkeit um 8:30 Uhr mit einem Termin im Weißen Haus mit Präsident Biden beginnt - was kann da noch passieren? Eine ganze Menge! Zum Beispiel meine Station Days bei abc7ny in New York City! Direkt neben dem Lincoln Center gelegen, hat mich das Team um Bob Monek in der Redaktion herzlich empfangen. Ja, es sind echte Menschen, die in einer Nachrichtenredaktion arbeiten und nicht nur aus der Ferne. Der ABC-Sender ist einer der beiden großen New Yorker Fernsehredaktionen. Das Social/Digital Team gab mir einen großartigen Einblick in die Arbeitsweise des Senders. Wir haben live gestreamt und uns über die verschiedenen sozialen Plattformen und die Herausforderungen ausgetauscht, über Reels, Kommentare, die Wahlen, die politischen Entwicklungen in den USA und die Parallelen zu Deutschland... Und natürlich haben wir auch Konferenzen abgehalten. Und besonders beeindruckend war, wie schnell die Kollegen gearbeitet haben und welche Aufgabenbereiche sie abdecken! Wir sind alle besorgt und beunruhigt angesichts dessen, was im November passieren könnte. Wahrscheinlich liegen chaotische, harte und raue Zeiten vor uns. Ich war zum ersten Mal in den USA - und ein Einstieg könnte nicht tiefer, emotionaler, komplexer sein. Ich habe alles aufgesaugt wie ein Schwamm. Besonders gefallen hat mir der multiperspektivische Rundumblick, die Seitenränder, über die wir geschaut haben, der Austausch mit den Menschen in den USA - aber auch mit den anderen Teilnehmern. Besonderen Dank an Michael Gagiulo, der mich am ersten Tag durch NYC geführt hat, er hat mir viel von der Geschichte der Entstehung New Yorks gezeigt.

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Daniel Spliethoff, RTL, Berlin

In Washington habe ich Joe Biden über den Rasen des Weißen Hauses rennen sehen und habe mit eigenen Ohren gehört, wie die Heritage Foundation den Klimawandel leugnet. Das Pew Research Center führt so viele Umfragen durch, dass ihr Maskottchen Graf Zahl heißen muss - aber jede ihrer Umfragen hat mich nach vorne gebracht. Der Sonnenuntergang in der Wüste von Arizona hat mir den Atem geraubt, und ich hatte die beste Zeit während meiner Stationstage in Tucson. Und dann New York City: Gordon Huie, dreifacher Überlebender von 9/11, gab uns allen ein Beispiel dafür, wie man mit Katastrophen umgeht, die überdimensional zu sein scheinen. Diese Beschreibung mag so seltsam und ohne Zusammenhang klingen wie eine Trump-Rede, aber sie zeigt, wie komplex und vielfältig die Erfahrungen mit RIAS in den Vereinigten Staaten während dieser Reise im Herbst 24 waren. Es ist schwer, alles in 200 Worten zusammenzufassen, und es wird noch dauern, bis ich alles verarbeitet habe. Aber ich weiß jetzt schon, dass mir diese Erfahrung für die nächsten Jahre meiner Karriere erhalten bleibt. Herzlichen Glückwunsch an RIAS für die Zusammenstellung eines fantastischen Programms, aber mehr noch: danke für die Zusammenstellung dieser Auswahl von Journalisten. Ich bin sehr dankbar, dabei gewesen zu sein.

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