2009

DUKE UNIVERSITY MEDIA FELLOWSHIPS PROGRAMM 2009

Vierwöchiges Besuchsprogramm an der Duke Universität in Durham, North Carolina, für Journalisten aus den USA und aller Welt (3 Termine mit je 2 bis 4 Teilnehmern)
9. Februar – 6. März | 23. März – 17. April | 7. September – 2. Oktober | 19. Oktober – 13. November


     

RIAS Duke fellows Martin Böttcher, Yvonne Müther with Duke coordinator Laurie Bley and other participants of the October 19 — November 13, 2009 program.


TEILNEHMERBERICHTE

Anna Bilger, Rundfunk Berlin-Brandenburg

Wie wird es sein in den USA unter Obama? Was hat sich verändert? Trifft die ökonomische Krise die Amerikaner? Und: wie geht es den amerikanischen Journalisten? Das Leben an einer amerikanischen Eliteuniversität — ist es tatsächlich so wie Tom Wolfe es beschrieben hat?

Endlich mal ohne Deadlines und andere Themen im Kopf, hatte ich die Zeit, Fragen wie diese zu denken, mit anderen zu diskutieren und auf manche auch Antworten zu finden. Die vier Wochen an der Uni von Duke — für mich war das vor allem Zeit zum Lesen, Denken und zum Austausch mit den Journalisten der Gruppe und anderen Gesprächspartnern, Gespräche ohne Interviewziel und Zeitdruck.

Duke — die Uni

Das Duke Media Fellowship Programm bietet dafür perfekte Vorraussetzungen — ich hatte neben dem interessanten organisierten Programm genug freie Zeit um Kurse und Vorlesungen nach meinen Interessen zu besuchen oder einfach in der über sechs Millionen Bücher umfassenden Perkins-Library zu sitzen. Die Ressourcen von Duke nutzen zu können ist es ein toller Luxus und der Unterschied zur deutschen Universität tatsächlich riesig: die Atmosphäre zwischen Studenten und Professoren ist angeregt und ungezwungen, die Kurse sind klein, die Gastredner sind hochkarätig, mancher Seminarraum scheint ausgestattet wie die Konzern-Zentrale von Apple und fast alles funktioniert elektronisch: e-mails sind die normale Kommunikationsform, Planänderungen stehen auf virtuellen Blackboards, es gibt die Vorlesungen zum Download, alle Seminarliteratur ist online verfügbar…

Und es ist tatsächlich ein wenig wie Wolfe es in „I am Charlotte Simmons“ beschrieben hat: Die amerikanischen Studenten und -innen tragen alle eine gewisse Uniform aus Flip-Flops, Shorts, T-Shirts oder Kapuzenpulli, wahlweise mit dem Duke-Schriftzug oder der Basketballmannschaft die sie unterstützen (also auch Duke). Überhaupt Sport. Ist nach meinem Eindruck das allergrößte, ständig wird auf und um den Campus gejoggt — und für Basketballtickets wird auch mal zwei Wochen im Zelt übernachtet, wurde uns immer wieder erzählt. Die Basketball-College-Meisterschaften wurden ausgetragen, während wir da waren — Duke allerdings ist im Viertelfinale ausgeschieden — was für viele Studenten schlimm war. Schlimmer noch allerdings war der Sieg der Mannschaft aus der Nachbarschaft Chapel Hill: plötzlich wurden in Duke nur noch T-Shirts mit der Aufschrift: „Chapel Hill — go to hell“ getragen.

Duke — die Gruppe

Afghanistan, Südafrika, Frankreich, Deutschland und die USA — nicht nur die Herkunft war sehr unterschiedlich, auch Alter und Berufsfeld waren in dieser Gruppe sehr verschieden — insgesamt aber war die Diskussion und Gemeinschaft mit den anderen Journalisten für mich die wichtigste Erfahrung in diesen vier Wochen!

Ich habe viel gelernt darüber, wie hart etwa die Finanzkrise die Medienunternehmen in den USA trifft. Beide amerikanischen Teilnehmerinnen haben von zahlreichen leeren Schreibtischen in ihren Redaktionen berichtet, von Zeitungen, die eingestellt wurden, von Journalisten, die nun für private Unternehmen arbeiten müssen. Die beiden Journalisten aus Südafrika haben von der politischen Stimmung im Land kurz vor der Präsidentenwahl am 24. April berichtet und davon wie sich die Medienlandschaft und die Gesellschaft nach dem Ende der Apartheid verändert haben. Der Kollege aus Afghanistan hat uns immer wieder vor Augen geführt, dass für den Journalismus in seinem Land die Voraussetzungen nicht gelten, die wir in den westlichen Ländern als selbstverständlich gegeben ansehen — und das meint nicht nur Güter wie Meinungsfreiheit und Unabhängigkeit, sondern auch ganz essentielle Vorraussetzungen wie Strom für den Rechner. Für Strom braucht man Generatoren, für diese braucht man Geld…

Ich denke, auch über die vier Wochen in Duke hinaus wird das dort entstandene Netzwerk bestehen.

Duke — und darüber hinaus

Einer der Höhepunkte unseres Aufenthaltes war für mich das Fullframe Festival in Durham, ein kleines feines Dokumentarfilmfestival. Vier Tage lang konnten wir täglich bis zu 5 Filme sehen, darunter einige echte Filmperlen. Auch unser 4–tägiger Ausflug nach Washington war vollgestopft mit Höhepunkten. Neben dem Besuch im Pentagon, bei National Public Radio und dem Foreign Press Office haben wir es sogar bis ins Weiße Haus geschafft. Ich war beeindruckt wie jung viele der Mitarbeiter in Obamas Stab waren. Den Präsidenten selbst haben wir nicht zu Gesicht bekommen. Er war auf seiner ersten Reise nach Europa nach dem Amtsantritt. Der Enthusiasmus vieler Amerikaner für ihren neuen Präsidenten schien mir überwältigend, etwa 100 Tage war er im Amt als wir dort waren. Seine Umfragewerte waren hoch, viele trauen ihm zu die Finanzkrise zu lösen.

Fazit

Es waren vier großartige Wochen, eine Zeit zum Luftholen und Nachdenken. Ich habe die USA noch einmal ganz anders kennengelernt — bisher kannte ich nur die großen Städte New York und Washington. Das Leben und die Menschen im Heartland Amerika unterscheiden sich davon sehr stark, das habe ich auch auf einem anschließendem 9-tägigen Roadtrip durch die Südstaaten der USA festgestellt. Das RIAS Programm in Duke kann ich uneingeschränkt weiterempfehlen und bedanke mich herzlich bei der RIAS Kommission und Rainer Hasters sowie Laurie Bley aus Duke dafür, dass sie diese Erfahrung möglich gemacht haben!

——————

Martin Böttcher, Deutschlandradio Kultur, Berlin

Special honored guest

Journalisten wissen bekanntlich alles (besser). Und ein „mid-career-journalist“, der schon etliche Male in den Staaten war und einen Abschluss in North American Studies in der Tasche hat, dem kann man nicht mehr viel Neues über die USA erzählen, richtig?

Falsch! Vier Wochen unter Journalistenkollegen aus Deutschland, den USA und Südkorea, vor allem aber vier Wochen Duke zeigen einem Seiten dieses Landes, die sich einem sonst nicht so ohne weiteres erschließen. Sie zeigen einem eine Welt, die mit viel Aufwand ihren meist viel dafür bezahlenden Studenten das Lernen so einfach wie möglich machen möchte. Eine Elite-Universität, die nicht nur Wissen vermittelt, sondern einen in ein großes Netzwerk von ehemaligen Studenten, hochrangigen Professoren, außergewöhnlichen Gastrednern aufnimmt. Selbst wenn man nur vier Wochen hier verbringt, als Media Fellow und, nicht zu vergessen, „special honored guest“.

Eine andere Perspektive

Hört sich negativ an? Ist überhaupt nicht so gemeint! Es war eben nur anders als sonst. Sonst, das waren monatelange Trips durch die USA, meist mit dem Greyhound-Bus. Wohnen in billigen Hotels. Essen gehen mit Blick auf’s Portemonnaie. Da traf man all die Amerikaner, denen es nicht gut geht. An der Duke trifft man die anderen.

Vorsichtshalber noch einmal: Die vier Wochen waren großartig! Kein Wunder: Pulitzer-Preis-Träger, mit denen man sich bei einem Sandwich über die Zukunft des Journalismus (und die Vergangenheit) unterhalten konnte. Aufschlussreiche Gespräche mit dem Press Officer im Washingtoner Pentagon (ja, natürlich werden alle Telefonate von dort aufgezeichnet, auch die der Journalisten, die im Pentagon ihre Büros haben). Ein Besuch beim NPR, dem National Public Radio, ebenfalls in Washington, zeigt, dass das öffentliche Radio hier gar nicht so arm ist, wie man vermutet. Die Zeitungskrise in den USA? Im Gespräch mit arbeitslosen Journalisten wird sie konkret. Aber es muss ja weitergehen, ein Buchprojekt (zum Beispiel) soll Besserung bringen … Ein ehemaliges Mitglied der Bush-Regierung erläutert seine Sichtweise zum „War on Terror“ und lässt einen etwas ratlos zurück: Ja, so kann man das Ganze natürlich auch sehen.

Das Programm

Einen Schritt zurücktreten, über die eigene Arbeit nachdenken, neue Impulse bekommen, einmal für vier Wochen durchatmen und reflektieren, was einem die Arbeit bedeutet — all das ermöglicht einem das Duke-Media-Fellowship-Programm. Eine kleine Auszeit vom Job, aber ohne dass man aufhört, Journalist zu sein. Im Gegenteil: Hier ist man zu allererst Journalist. Und erst als zweites vom, sagen wir, Deutschlandradio.

Eindrücke sammeln, stundenlang in der Bibliothek von Buch zu Buch springen. Leuten zuhören, die etwas zu sagen haben, die aber auch einen Weg gefunden haben, einem das Zuhören leicht zu machen: Fast alle an der Duke University sind gute oder sehr gute Redner. Sie finden scheinbar mühelos die Balance zwischen ausreichend Information und lockerem Tonfall. Selbst eine Konferenz der Wirtschaftsleute ist für einen Nicht-Wirtschaftsredakteur spannend. Kein Wunder, die Redner kommen vom Computer-Riesen Microsoft, von einer Videospiel-Entwickler-Firma, von Xerox — im Mittelpunkt aber steht der legendäre Trainer des Duke-Basketball-Teams, Coach K! Sein Thema (und das der anderen): Leadership.

Auch ein negatives Highlight, ein Lowlight, gibt es. Verantwortlich dafür ist eine deutsche Politikerin und Autorin. Eingeladen als Gastrednerin, soll die ehemalige Bürgerrechtlerin zum 20-jährigen Jubiläum des Mauerfalls sprechen. Die etwa einhundert Zuhörer erleben eine uninspirierte, quälend stockend vorgetragene Rede, die jegliches Gespür für die Erwartungen des Publikums vermissen lässt. Statt erlebter Geschichte langweilt die Rednerin mit einer kleinlichen Abrechnung in Sachen aktueller Parteipolitik. „I became Berufsverbot“, radebrecht der als „distinguished speaker“, als hervorragende Rednerin angekündigte Gast. Wir deutschen Media Fellows können das Trauerspiel kaum glauben, reagieren abwechselnd mit stiller Scham und hysterischem Lachen. Eine Stunde, die deutlich macht, was in Deutschland (in der Politik und in der Bildung) alles so schief läuft.

Nach vier Wochen

Einen Monat lang Durham, NC, unterbrochen von einem „field trip“ nach Washington und einem Ausflug an die Küste — was bleibt? Eine Menge, aber schwer, das auf einen Punkt zu bringen. Ganz sicher das Gefühl, etwas Besonderes erlebt zu haben. Etwas, das man so schnell nicht vergessen wird. Und das Gefühl, irgendwie dazu zu gehören, zur Duke University und all ihren Alumni.

Eine Warnung/Versprechen für alle, die auch noch in den Genuss kommen werden: Es könnte durchaus sein, dass man danach sein (berufliches) Leben ändern möchte. Und dafür ein dickes Dankeschön an Rainer Hasters, an Laurie Bley, an die Mit-Fellows und natürlich an die Duke University. Vier Wochen lang fühlte ich mich… wie der Duke of Duke.

——————

Aygül Cizmecioglu, Deutsche Welle

Grauer Himmel, Nieselregen und eine Apartment-Anlage mitten im Wald mit Motel-Charme. Meine Ankunft in Durham stand wahrlich nicht unter einem guten Stern. Der einzige Lichtblick war Laurie, die mich vom Flughafen abholte und mit ihrer Wärme überwältigte. Schokolade als Soulfood, ein Mietwagen um die Gegend zu erkunden, ein buntes Sträusschen an selbstgezeichneten Wegbeschreibungen und Landkarten — sie hatte an alles gedacht.

Als Frühstarterin war ich eine Woche vor den anderen in Durham angekommen. Dank Laurie konnte ich ein Mini-Praktikum bei einem privaten und staatlichen Fernsehsender machen und sehen wie die U.S.-Kollegen arbeiten (danke Clay für die wundervollen Feature, die ich sehen durfte). Die Finanzkrise hatte wahre Schlaglöcher in der Medienlandschaft der USA hinterlassen. Ob bei dem lokalen Tv-Sender oder der altehrwürdigen Washington Post, überall sah man leergeräumte Schreibtische, hörte von ausgelagerten Redaktionen und Lohnkürzungen. Dass viele U.S.-Kollegen dennoch nicht in einen beruflichen Schockzustand verfallen, sondern mit der vielgerühmten amerikanischen Leichtigkeit, die Misere zu meistern versuchen, hat mich tief beeindruckt.

Weniger begeistert war ich dagegen von der Suche nach der „New York Times”. Mein Wunsch, sonntags gemütlich bei Kaffee und Toast die Wochenendausgabe zu lesen, gestaltete sich in Durham als wahre Herausforderung. Die meisten Tankstellen und Kioske führen prinzipiell keine überregionale Zeitungen mit Qualitätsanspruch und die wenigen Zeitungskästen mit diesen, waren um 10 Uhr morgens bereits leergeräumt. Ein Freudentaumel überkam mich jedes mal, wenn ich — nach stundenlanger Suche — in einem der Biosupermärkte, die letzte verfügbare „Sunday Times“ ergatterte.

Das Fullframe Festival, unser Trip nach Washington und an die raue Atlantikküste — das alles will ich nicht missen. Aber meine wahren Highlights waren all die kleinen Details, die sich jenseits des Geplanten ereigneten. Die Pommes Frites mit Knoblauch und Petersilie im „Federal”, die platonische Idee eines Cookies von „Nosh”, die beiläufigen Gespräche am Poolrand, beim Kochen… UND — immer wieder — das Verfahren mit dem Auto. Irrwege, die mich an Orte brachten, die erstaunten und so manchen David Lynch-Film nun besser verstehen lassen.

Dieses Land ist groß und bunt und voller Teppichboden und kälteresistenter Menschen und Megaportionen — UND der Möglichkeit, auch immer das Gegenteil zu treffen. Danke, dass ich beides kennen lernen durfte.

——————

Simone de Manso, NATO Headquarters, Brüssel

After more than a decade as a television journalist, I have been for the past nine years a spokesperson for NATO. During my former life in television, in 1996, I had the opportunity to spend some time at Duke in the framework of a RIAS program. I had thus a good sense of how the working environment was going to be like. With the fellowship last fall I hoped to be able to take a fresh look at what had changed in the intersection between political decision-making and new developments in the media in the United States.

And indeed, the setting has not changed. Duke remains a tremendously attractive environment for academic reflection and discussion and seen from a European perspective, it is truly stunning how it manages to offer vast resources to its students. Even a brief visit would show that students flock to Duke from all over the world and that the campus lures some of the brightest students from every continent. And while the economic crisis of 2009 may have taken its toll on investments, it was refreshing to see that the quality of teaching and research has not been affected.

The fellowship program, based in the De Witt Wallace Center for Media and Democracy at the Terry Sanford School of Public Policy, brought together a stimulating agenda of classes, lectures and discussions including a field trip to Washington, D.C.. As public policy studies are animated by questions that occupy the minds of policy makers, a wide offer of lectures and discussions with current and former government officials made the program all the more inspiring. The program was also flexible enough to enable participants to pursue related topics within each one’s particular interests at other schools and faculties. This exchange was facilitated and encouraged by the interdisciplinary nature of public policy and journalism studies.

Among the remarkable aspects of the fellowship was the kindness demonstrated by professors in agreeing to make themselves available for focused discussions on specific issues within my areas of interest. Notwithstanding their considerable workload, upon request professors were willing to accommodate individual meetings and share their thoughts and expertise. These conversations have been essential in helping me to understand academic thinking on a number of issues that will remain relevant to my professional context.

Among the subjects inspiring a wide range of classes at the Terry Sanford School of Public Policy and related faculties and schools, I would like to mention a few highlights that illustrate to what extent the time at Duke has been so highly motivating.

A considerable amount of academic discussions were dedicated to the analysis of the scope of security policy options facing the still new Obama administration and to examining the shift within the decision-making dynamics in Washington since the new administration took office. Lessons learned from security policy decisions taken by former administrations were also a source of inspiration to many classes and lectures. No doubt that Duke remains a good example of the merits of keeping a vigorous exchange between academics and policy makers. As high-ranking current and former policy makers are invited to contribute to university life, students have the opportunity to examine policy by discussing it with those that formulated and implemented it. Within media studies, it was especially interesting to follow classes focused on the analysis of news reporting in the United States in the lead up to the Iraq intervention and on the study of the interaction between government agencies and the media in this period.

The challenges to quality journalism posed by online news were another issue that caught my attention. The issue goes back to the importance of ‘watchdog journalism’ in democratic societies and seems likely to remain at the core of relevant academic research for some time to come. Until now, investigative journalism in the United States has been linked to the power of an independent and commercially strong media and notably the newspaper industry. But as newspapers loose readers to the internet and advertisement revenues fall, a new viable business model for investigative web-based journalism remains yet to be found. While European newspapers grapple with similar problems of dropping circulation, American newspapers have suffered far more in recent years.

As a modest personal empirical finding on this subject, I could mention my daily search for a newspaper during the fellowship. A walk through the Duke campus in the morning makes it clear that a significant change in the newspaper reading habits of students has taken place since the 1990s. Newspapers can no longer be bought at every campus shop, as it once was – in fact, copies of newspapers are in rather short supply. The large majority of students has simply ceased to read print editions and prefers to access a wide variety of news sources through their laptops. The attractiveness of web-based news is magnified at Duke by the fact that the entire campus, including restaurants, cafés, gardens and even parking lots enjoy wireless internet connection. In this regard, Duke offers a perfect glimpse at how cities will be like when the growing tendency towards the omnipresence of internet connectivity prevails. Looking at smart and well-informed average Duke students, one could argue that what matters is that people should have access to accurate news everywhere and not that news should be delivered through any particular medium. That said, however, it is important to note that most of the high-quality, investigative journalism to be found on the internet is still produced by the remaining long-standing, high-quality newspapers.

As a consequence of the overall sharp drop in newspaper sales across the United States in the last few years, literally every newspaper has had to lay off staff and some have just ceased to exist because of financial constraints. In the meantime, a business model for investigative internet journalism remains yet to be created. Up to now, most newspapers have been offering their content free of charge, but that will be unsustainable, because there is not enough advertising revenue online to pay for it. Newspapers are doing their best to co-exist with the web and have launched online editions with an expanded offer on audio and video stories. Prominent newspapers seem to be pursuing a strategy of cultivating attractive web sites that can in the future become a source of profit once, as it is hoped for, commercially sustainable ways are found to start charging for access to it. A positive side-effect of this new development may be that the convergence of text, audio and video on the web opens new paths for documenting facts, as well as for timely reporting.

The problem in the meantime, as one Duke scholar put it, is that while regional papers disappear, under current circumstances there are ultimately fewer employed journalists in order to research and verify facts, so that a number of important facts are simply not being reported any more. The question how ‘watchdog journalism’ will continue to be paid for in the future will thus persist as an important research subject. Surveys across the United States show that the news consumer habits of Duke students coincide with a general tendency, as it seems that the move to the electronic distribution of news through laptops, smart phones and other devices is likely to grow. It remains yet to be seen whether so-called ‘citizen journalism’ or ‘foundation-supported’ or ‘non-profit investigative funds’ will be the answer.

Against the same background, our visits to National Public Radio (NPR) and to the Washington Post headquarters in D.C. were opportunities to reflect upon the way in which new developments in the media industry can be turned into opportunities for innovation and professionalism. Web-based broadcasting has stimulated NPR not only to continue producing superb radio programs and to expand distribution to a much wider audience worldwide, but also to offer innovative documentary work making use of high-quality photography and videos. Contrary to the general tendency of cutbacks in foreign news reporting within most television networks and newspapers, NPR has emerged in recent years as one of the United States‘ most important sources of quality international news, with probably more correspondents based abroad than any other broadcast network. Other than European public broadcast listeners, American NPR listeners pay for most of the cost of public radio with direct voluntary donations, while another portion of financing comes from corporate sponsors and, to a lesser extent, from government.

As new multimedia tools on the internet show, anyone with a mobile phone is now able to report to a worldwide audience. However, as a profession, journalism is not only based on skills such as newsgathering, but also on analysis, experienced judgment and story-telling. As opposed to simple reporting, good journalism is not only a reliable provider of facts but also of interpretation. Looking at staff cuts in newspapers and the rapid changes in the media landscape, this is what seems to be at stake, if it can no longer be paid for. In this sense, our visit to the Washington Post provided an encouraging sign that in spite of all current difficulties, quality journalism is still well alive and kicking and will eventually regain a stronger position. There we had the chance to listen to a Pulitzer-Prize winning investigative reporter talk about his own work and the work of five colleagues in the paper, all exclusively dedicated to ‘investigative reporting.’ In spite of all financial difficulties, the Washington Post has decided not to renounce to what it considers to be one of the pillars of its long-standing reputation. ‘The perfect investigation’, the journalist said, ‘is when I go to the web and I don’t find anything. Or it is there in ten thousand pieces but nobody assembles the pieces.”

During the visit to Washington, we also had the chance to meet a decade-long serving senior advisor at Capitol Hill and to discuss changes within the media from a different perspective. While a paper like the Washington Post once had twelve journalists assigned to cover the Hill, today there is just one reporter doing this job, according to his account. At the same time, senators and their staffs spend now much more time talking to the media, because there is simply a lot more media around to talk to. While years ago it was sufficient to address some key newspapers and TV networks, now the situation is far more complex. “The internet has fragmented the market place”, the advisor said. The number of small media outlets covering the Hill has grown substantially — bloggers, cable TV stations, and online news services – with each one focussing on a narrow but important slice of the audience. As a consequence, it all indicates that political communication has become a far more multifaceted business than it has ever been and it is likely to remain an exciting topic of research.

In short, every stage of the fellowship offered fresh insights into developments in the United States and new paths to pursue interesting questions – whether at the School of Public Policy, at Department of Political Science, at the Law School or at the Business School, where I also had the chance to attend lectures. In this regard, I am grateful to the Director of the Media Fellowship Program and to professors and students at Duke for their hospitality and for all the fruitful exchanges we had. The chance to step into this superb American academic environment and to focus on matters that inspire and shape professional life seemed like a dream and yet this is what the four weeks of the fellowship offered. I am also very grateful to the RIAS Berlin Commission for having given me this opportunity and I have no doubt that the experience at Duke will remain essential for my professional development for a long time to come.

——————

Yvonne Müther, ZDF, Mainz

Der 6. November 2009 ist ein sonniger, warmer Tag — mit trüben Nachrichten. Die neuesten Arbeitslosenzahlen für die USA zeigen: Die Quote liegt bei 10,2 Prozent und damit so hoch wie seit 25 Jahren nicht mehr. Beim Arbeitsamt in Raleigh, North Carolina, reiht sich der Monteur James Hill geduldig in eine lange Warteschlange ein. Er ist seit einem Jahr ohne Job und hat gerade seine zwei Enkelkinder adoptiert. Seine Tochter wurde ermordet. Das Geld ist knapp und James Hill hofft darauf, dass seine staatliche Unterstützung um 20 Wochen verlängert wird. Ein entsprechendes Gesetz hat Präsident Obama an eben diesem Tag auf den Weg gebracht. Anders als in Deutschland sind staatliche Gelder für die etwa 16 Millionen Arbeitslosen in den USA nicht so selbstverständlich. Ich bin mit einem Reporter des regionalen Fernsehsender WRAL und seinem Kameramann unterwegs. James Hill gibt uns ein Interview, zeigt uns Fotos seiner beiden kleinen Mädchen und lächelt. „Das wird schon werden, mit irgendeinem Job“, sagt er, als er das Arbeitsamt wieder einmal ohne konkrete Zusage verlässt.

Du bist, wen du triffst

Es sind Begegnungen mit Menschen wie James Hill, die so typisch sind für dieses Land. Begegnungen, wie ich sie in meinen vier Wochen in Durham fast täglich machen durfte — egal ob auf dem elitären Campus einer der besten Universitäten der Welt, Duke, oder „off-campus“: im Motel, im Supermarkt oder mitten in einem ländlichen Wohngebiet in Bynum.

Bei meinem dritten Besuch in den Staaten bin ich erneut gefangen genommen von diesem sympathischen Siegeswillen, dem festen Glauben an sich selbst und der Offenheit für Neues, die den Menschen hier aus jeder Pore zu strömen scheint. Eigenschaften, die auch und vor allem den Journalisten eigen waren, die wir hören und treffen konnten, zum Beispiel die Pulitzer-Preisträgerinnen Dana Priest und Sarah Cohen.

Leuchttürme des Journalismus

Priest enthüllte in einem Artikel für die Washington Post, dass die CIA geheime Gefängnisse unterhält. Außerdem machte sie die katastrophalen Zustände in einem Militärkrankenhaus publik. Ihr Vortrag ruft mir vor allem eine journalistische Grundregel wieder ins Gedächtnis: Journalisten müssen richtig zuhören können. Auf die Frage, wie sie es schafft, neben der normalen Redaktionsarbeit noch eine exklusive Geschichte auszugraben, rät Dana Priest ihren Zuhörern, sich nicht hinter dem Redaktionsalltag zu verstecken. Journalisten sollten immer zwei Arbeitsstränge parallel verfolgen und andere erst dann von der investigativen Recherche wissen lassen, wenn genug „auf dem Tisch liegt“. Ein Ansporn, der sich in meinem Hinterkopf festsetzt.

Sarah Cohen brachte mit ihren Recherchen Missstände in Kinderschutzbehörden ans Tageslicht. In einem ihrer Seminare machte sie vor allem deutlich, dass Journalisten ein gesundes Misstrauen gegenüber Behörden haben dürfen, haben müssen. Trotz der amerikanischen Tradition der „open records“ ist nicht gleich alles glaubwürdig, nur weil es auf einer Website steht, die mit „.gov“ endet.

In der Redaktion der Washington Post trafen wir Chris Cillizza, der für das Blatt ein politisches Online-Tagebuch schreibt. Obwohl Blogger aus Überzeugung, hielt Cillizza ein Plädoyer dafür, politische Analysen nicht über das Knie zu brechen. Breaking News und „being first“ können eben das „being right“ nicht ersetzen. Das Geschehene einordnen, Zusammenhänge deutlich machen in einer immer komplexeren Welt — das braucht eben doch Zeit.

Bei einem „Brown Bag Lunch“ an der Duke Universität hatten wir die Chance, Hank Klibanoff Fragen zu stellen. Er ist stellvertretender Managing Editor des Philadelphia Inquirer und ehemaliger Reporter des Boston Globe. Klibanoff hat sich in einem Buch mit der Bürgerrechtsbewegung in den Südstaaten der USA auseinandergesetzt und damit, wie Redaktionen, Reporter und Behörden dem Konflikt zwischen Schwarz und Weiß begegnen. Seine Botschaft: Reporter sollten es sich heute mehr denn je zum Ziel setzen, so lange zu recherchieren, bis sie die Wahrheit herausgefunden haben. Denn die steht, gestern wie heute, in der Regel nicht in Polizei- oder Gerichtsprotokollen.

Dozenten auf Augenhöhe

Tiefer graben — dieser Appell schwebte auch über einem Workshop zum „Watchdog Journalism“ an der Sanford School der Duke Universität. An einem Tag bekamen wir dabei eine ganze Menge Rüstzeug für eine fundierte Online-Recherche und Ratschläge für Interviewstrategien. Bei uns Media Fellows machte sich da schnell Bewunderung breit, denn die U.S.-Behörden pflegen ganz selbstverständlich eine Tradition der „open records“, die den Journalisten hier sehr zugute kommt. Fast alles ist irgendwo online: Kriminalakten, Datenbanken, Geschäftslizenzen. Selbst eine Liste, welche Steuerzahler in North Carolina dem Staat noch Geld schulden, hat man mit einigen Klicks auf dem Bildschirm. Das deutsche Informationsfreiheitsgesetz ist demgegenüber wohl ein zahnloser Tiger. Spannend war es auch, etwas über die Grenzen von Google zu erfahren und das „Deep Web“, das bis zu 550 Mal größer sein soll als das oberflächliche Internet, das uns Suchmaschinen vorsetzen. Ich höre das hier zum ersten Mal.

Welchen Wert haben eigentlich Nachrichten? Wird die ökonomische Abhängigkeit der Medien weiter wachsen und welche neuen Kooperationsmodelle, wie zum Beispiel Stiftungsfinanzierung, sind denkbar? Diese Fragen diskutierten wir mit James T. Hamilton, dem Leiter des DeWitt Wallace Centers, der uns seine ökonomische Theorie des Journalismus nahebrachte.

Da ich in Deutschland in meiner Studienzeit bereits zahlreiche Journalistik-Seminare besucht hatte, nutzte ich an der Duke Uni die Chance, in ganz unterschiedliche Fachbereiche hineinzuschnuppern. So erfuhr ich etwas über den „sheepskin effect“ in einem Wirtschaftsseminar zu öffentlicher Finanzierung. Aus einem Philosophiekurs nahm ich mit, dass sich der Großteil unseres geistigen Daseins im Unterbewusstsein abspielt und etwa 60 Prozent unserer Träume unangenehm sind. In einer Vorlesung über das U.S.-amerikanische Gesundheitssystem lernte ich etwas über die Probleme bei der Versorgung ländlicher Gegenden mit Ärzten und Krankenschwestern. In all diesen Stunden gefiel mir besonders, dass die Dozenten den Stoff engagiert und leicht verdaulich präsentierten, Powerpoint sei Dank. Die Professoren kennen ihre Seminarteilnehmer mit Namen und gehen stärker auf den Einzelnen ein. In meinem Fall bekam ich durch ein Gespräch mit dem Dozenten und Fernsehjournalisten Clay Johnson die Möglichkeit, einen Tag bei WRAL zu verbringen. Paradiesisch sind aber nicht nur die Betreuung, sondern auch die technischen Ressourcen der Universität: Zugang zum Internet überall, eine Ausleihe für Videokameras und iPods, ausgewählte Vorlesungen sind über iTunes abrufbar und zahlreiche Bücher in einer elektronischen Bibliothek.

Der Bley-Faktor

Laurie Bley, sozusagen das Herz des Media Fellows Programms, hat uns außerdem Türen geöffnet, die Studenten, Journalisten und Reisenden sonst verschlossen sind. So zum Beispiel die des Pentagons in Washington, D.C.. Bei einer exklusiven Führung mit einer Pressemitarbeiterin der Militärs konnten wir einen Teil der insgesamt 17 Meilen langen Korridore erkunden. Wir haben gelernt, dass ausgewählte Journalisten direkt im Ministerium an ihren Berichten arbeiten. Die Fernsehreporter rücken ihren Stuhl einfach in die Mitte ihres klitzekleinen Büros, schalten eine Kamera ein und sind so blitzschnell „on air“. Beeindruckend ist auch die Gedenkstätte, in der Kondolenzbücher an die fast 200 Opfer erinnern, die allein im Pentagon am 11. September 2001 ums Leben kamen. Auch das National Public Radio und die NBC-Studios in Washington, D.C. haben uns eingeladen, einmal hinter die Kulissen zu schauen. Vor allem was die technischen Möglichkeiten und den hohen Stellenwert der Live-Berichterstattung, aber auch die Arbeitsatmosphäre angeht, kann Deutschland sicher einiges von diesen Redaktionen lernen.

Eine ganz besondere Würze bekam unser Programm durch einige kleine Abstecher: Verrückte Begegnungen, die Laurie Bley für uns organisiert hat. Wir besuchten ein Flüchtlingscamp für (derzeit) 300 Katzen, das eine italienische Einwanderin in Pittsboro aufgebaut hat. In Bynum trafen wir den etwa 70-jährigen selbst ernannten „critter artist“ Clyde Jones. Er lebt in einem ganzen Zoo von selbstgeschnitzten Holztieren und verschenkt seine Kunst an Nachbarn und in alle Welt. Eine seiner Kreationen soll es sogar bis auf die Chinesische Mauer geschafft haben.

Klingt nach vier bunten, intensiven Wochen — und das waren sie auch. Zum ersten Mal habe ich eine konkrete Vorstellung vom Selbstverständnis und der Beharrlichkeit amerikanischer Journalisten. Ist eine Geschichte wirklich schon zu Ende erzählt? Ist das die Wahrheit? Wo ist der größere Zusammenhang? Kurzum: Dig deeper!

——————

Dr. Sebastian Rudolph, Bayerischer Rundfunk — Fernsehen, Studio Berlin

Die ersten und die letzten Erlebnisse sind oft entscheidend für den Gesamteindruck einer Reise. Bei meiner Ankunft in den USA erlebe ich gleich eine Reihe positiver Dinge. In Deutschland ist es noch bitter kalt, in North Carolina hingegen bereits angenehm warm. Die Luft riecht buchstäblich nach Frühling. Am Flughafen werde ich abgeholt. Ty Tyson wartet mit seinem SUV und einer kleinen Überraschung auf mich. Im Kofferraum: eine Tüte mit Lebensmitteln. „Damit kommst Du über das Wochenende“, sagt er — und hat mehr als Recht.

Von der Hauptstadt Raleigh geht’s dann nach Durham, zum Appartmentkomplex „The Forest“. Die Anlage liegt wirklich direkt im Wald. Idyllisch. Die Wohnungen sind gut ausgestattet. Schlaf- und Wohnzimmer, offene Küche, Balkon. Wäsche waschen kann man im Gebäude gegenüber. Für den Swimmingpool ist es noch zu frisch, aber den Fitnessraum und die Tennisplätze werde ich noch häufiger ansteuern. Für die Media Fellows stehen Mietwagen bereit. Zwei Autos für fünf Leute, das passt. Zur Duke University fährt man nur ein paar Minuten. Zum Laufen ist es allerdings zu weit.

Am nächsten Morgen erkunde ich zunächst die Umgebung. Es ist Sonntag und sonnig. Ich jogge durch den Wald zur Duke Uni und realisiere zum ersten Mal, weit weg von zu Hause zu sein. Denn der Campus, der sich vor mir erstreckt, kann nicht in Deutschland liegen. Ich laufe entlang gigantischer Sportstätten: Ein Footballstadion, in die Tiefe gebaut, mit rund 50.000 Plätzen. Eine Basketballhalle, die rund 10.000 Zuschauer fasst. Eine Lacrosse-Stadion, eine große Tennisanlage, mehrere Fußballplätze. Für Sportfans wie mich ist das ein Paradies.

Ich jogge weiter, tiefer in den Campus hinein. Von weitem sehe ich schon die Duke Chapel. Das Wahreichen der Universität. Es geht durch kleine Parks, durch Wäldchen, durch Innenhöfe — ich sehe Häuserreihen, die aus Oxford stammen könnten. Die Studenten bezeichnen ihre Welt auch als „Gothic Wonderland“. Zum Areal gehören zudem ein eigenes Kunstmuseum („Nasher“), die Duke Gardens und natürlich viele Fakultäten. Institute of Public Policy, School of Law, Business School, Medical Center und viele mehr. Der gesamte Campus ist mit Wireless Lan ausgestattet, so dass man jederzeit bequem ins Internet kommt.

Die Studenten leben hier in einer Art Paradies. Ein paar Zahlen zur Unterfütterung. Das Stifter-Kapital von Duke liegt bei mehreren Milliarden U.S.-Dollar. Allein in den vergangenen Jahren haben sie hier bauliche Investitionen von 1 Milliarde U.S.-Dollar getätigt. Das Geld fließt in moderne Fachbereiche, in Bibliotheken, die über insgesamt sieben Millionen Bücher verfügen, in futuristisch ausschauende Unterrichtsräume („The Link“) und in Personal. Die Duke University ist der zweitgrößte Arbeitgeber in North Carolina.

Wer sein Kind auf Duke schicken möchte, muss allerdings pro Jahr 50.000 U.S.-Dollar bezahlen. Der Ansporn zu lernen, ist bei den Studenten also durchaus gegeben. Dafür dürfen sie in diese paradiesische Welt eintauchen. Lehrmittel sind Online abrufbar; Professoren müssen E-Mail innerhalb eines Tages beantworten; Computerräume sind 24 Stunden zugänglich — Bibliotheken und Fitnesscenter übrigens auch. Traumbedingungen, die die Stundenten jedoch nicht immer zu schätzen wissen — das jedenfalls ist mein Eindruck.

Die RIAS- und Duke-Stipendiaten sind am Terry Sanford Institute for Public Policy angesiedelt. Ein neugotischer Bau aus den 1990er Jahren. Die Journalisten, die sich hier für vier Wochen zusammenfinden, kommen aus der ganzen Welt. Afghanistan, China, Frankreich, Georgien, Südkorea und Südafrika — und mittendrin: ich. Das Programm ist super organisiert und das liegt an Laurie Bley. Ein Wirbelwind, der es schafft, jeden Media Fellow pünktlich zu den verabredeten Terminen zu bringen. Wir bekommen Handys, wöchentlich neue Pläne und zur Not einen Anruf — „where are you“ oder „hurry up“. Laurie erfüllt wirklich jeden Wunsch, sie kümmert sich rührend um jedes noch so ausgefallene Anliegen. Auch nach Feierabend. Das ist großartig.

In so genannten „Challenges Sessions“ erfahre ich Interessantes über die beruflichen Herausforderungen und Lebenswege der anderen Stipendiaten. Jeder ist ein Mal dran. Eine halbe Stunde spricht man über seinen Job und diskutiert anschließend darüber. Die Georgierin erzählt: „Bei uns nimmt die Politik Einfluss auf die Berichterstattung. Besonders während des Krieges mit Russland. Das ist eigentlich untragbar“. Vom Südafrikaner höre ich: „Wir haben kaum Zeit, gründlich zu recherchieren. Zumeist muss ich neben dem Zeitungsbericht noch mehrere Updates für das Internet zu machen. Darunter leidet der Tiefgang meiner Geschichten“.

Aus Afghanistan kommen die nachdenklichsten Schilderungen. „Ich lebe nur für den Tag“, sagt Nasim. „Denn morgen kann mein Leben schon vorbei sein. Täglich bekomme ich Morddrohungen von den Taliban, weil ich die Menschen in Afghanistan informieren und aufklären möchte. Kabul ist zwar weitgehend sicher. Aber das Umland und weite Teile des Landes eben nicht. Meine Eltern leben eine Stunde von Kabul entfernt — ich habe sie seit über einem Jahr nicht mehr gesehen. Wenn ich in eine Taliban-Kontrolle gerate, werden sie mich töten. Weil ich mich rasiere. Weil ich ein Handy habe. Weil ich westliche Kleidung trage“.

Laurie Bley organisiert auch interessante Hintergrundgespräche. Gleich am ersten Tag treffen wir John Carroll, der über „Ten Toxic Notions about Journalism“ berichtet. Der ehemalige Chefredakteur der Los Angeles Times — unter seiner Ägide hat die Zeitung 13 Pulitzer Preise gewonnen — kritisiert zum Beispiel den Verfall des investigativen Journalismus in den USA. Und die zunehmende Tendenz zur „bunten“ Berichterstattung — viel Hollywood, wenig Politik. Lobend erwähnt Carroll hingegen die Möglichkeiten des Internets: Dank dieses „terrific tool“ können Reporter heutzutage die Arbeit von 1,5 „pre-web“-Reportern meistern.

Jay Hamilton betrachtet den Journalismus aus einem anderen Blickwinkel. Mit dem Leiter des DeWitt Wallace Center for Media and Democracy diskutieren wir am zweiten Duke-Tag. Hamilton ist kein Journalist, sondern ein Ökonom, der in Harvard studiert hat. Seine Botschaft klingt in etwa so: Gerade in der Wirtschaftskrise müssen Zeitungen mehr denn je auf ihre Kosten achten. Was liegt da näher als die Nachrichten am Markt auszurichten. Im Klartext: „Business drive news“, deshalb müssen sich diese News auch „verkaufen“. Sein Vorschlag: Mehr „local news“ und weniger Geschichten „that don’t sell“ — etwa Weltpolitik.

Neben der Wirtschaftskrise ist natürlich die Obama-Regierung das beherrschende Thema. Wir bekommen die Chance, mit zwei Top-Leuten zu sprechen. Peter Fever war u.a. im Weißen Haus für die Sicherheitspolitik unter George W. Bush mitverantwortlich. Seine Schwerpunkte: Nationaler Sicherheitsplan, Irak und Iran. „Obama wird die Grundzüge der Bush-Politik fortsetzen“, sagt Fever, er habe dabei aber mehr „international credit“. Die USA würden versuchen, Europa, Russland und China stärker in den Prozess einzubinden und zugleich die Sanktionen gegenüber dem Iran zu verschärfen. Übrigens, Fever meint: „Bush is a serious reader“ und Carl Rove „open minded, friendly and a joking person”. Diskussionsstoff.

David Schanzer bewegt sich ebenfalls eher auf konservativem Terrain. Sein Vortrag in der Duke Law School ist aber ebenso spannend. Der Sicherheits- und Terrorismusexperte bezeichnet die Ankündigung Obamas, das U.S.-Gefangenenlager in Guantanamo zu schließen, als „important symbolic step“ — symbolisch wohlgemerkt. Obama werde die U.S.-Sicherheitsstrategie kaum verändern. Weil sie richtig ist. Schanzers Botschaft: „We’ll see more continuity than change in American counter terrorist policy“. Als ich Schanzers Biografie lese, bin ich überrascht. In früheren Jahren hatte er im Kongress in Washington D.C. für die Demokraten gearbeitet — u.a. für den heutigen U.S.-Vizepräsidenten Joe Biden.

An der Duke University können wir zudem an jeglichen Seminaren teilnehmen. Egal, ob Politik, Wirtschaft, Recht oder Soziologie. Ich habe mich vor allem am Institute for Public Policy aufgehalten. Beeindruckt hat mich dabei Prof. Susan Tifft, die leider Ende dieses Semester aufhört. Die Qualität des Unterrichts: hoch, die Studenten: motiviert, die Klassengröße: beschränkt, auf maximal 15 Personen. Kein Frontalunterricht, sondern lebhafte Diskussionen über Medien, Politik und Ethik. Zu Hause werden Texte und Zeitungen gelesen, die Inhalte dann in der Klasse kontrovers besprochen. So macht studieren Spaß.

Lobend erwähnen möchte ich auch Prof. Clay Johnson, der sich um den Bereich „TV journalism“ kümmert. Die Studenten bekommen neben der Theorie auch kleine Sony-Kameras, mit denen sie ihre Geschichten selbst umsetzen müssen. Natürlich erfordert das mehr Betreuung. Für Johnson kein Problem. Apropos, die Media Fellows hat er durch seinen TV-Sender geführt. „WRAL“ — die Nummer 1 in der Region. Dem Praxisbezug verdanke ich übrigens, dass auch ich Gastvorträge an der Duke University halten kann. Es geht dabei um meine Arbeit als Fernsehjournalist oder das politische System in Deutschland.

Unsere Wochenenden verbringen wir meistens auswärts. Der erste Trip geht Richtung Osten, an den Strand von Wrightsville, North Carolina. Das Wetter ist traumhaft — rund 20 Grad. Wir liegen am Strand, schauen den Studenten beim Frisbee- oder Footballspielen zu und genießen die Sonne. Beim zweiten Ausflug begleiten uns Laurie und Ty. Wir fahren nach Charleston, South Carolina. Dort empfängt uns Bill Hawkins, ein Duke Media Fellow 2002. Er ist Chefredakteur vom „The Post and Courier“ und lässt uns für eine Stunde am redaktionellen Alltag teilnehmen. Charleston bietet aber noch mehr: Die großen „Plantations“, auf denen im 19. Jahrhundert der Civil War tobte. Die historische Altstadt mit ihrem Charme. Die Waterfront-Promenade. Und das Lieblingsrestaurant von Serena Williams („Crab House“).

Ein Highlight ist sicherlich der mehrtägige Ausflug nach Washington D.C. Leider vergehen die Tage auch dort wie im Flug. Das Erlebte in Stichworten: Persönliche Tour durchs Pentagon, Gespräche bei der Washington Post, Führung durch die Zentrale von National Public Radio, Capitol Hill (von innen), White House (leider nur von außen), Foreign Press Center, dazu noch jede Menge Museen. Ein „must visit“: Das neu eröffnete „Newseum“, das zwar stolze 18 U.S.-Dollar kostet aber einen Schatz an nachrichtlicher Geschichte präsentiert. Die Rückfahrt wird hingegen zur Odyssee. Wintereinbruch an der Ostküste, starker Schneefall. Zeitweise geht es nur im Schneckentempo voran. Nach rund 7 Stunden Rutschpartie erreichen wir aber Durham — unfallfrei.

Für alle künftigen Fellows: Basketball „is a huge deal at Duke“. Die Spiele der Männer sind immer ausverkauft. Der Versuch, an Karten für „normale“ Spiele zu kommen, endet bei 125 U.S.-Dollar oder einer Sportsbar. Wir haben Letztere gewählt („Satisfaction Bar“ in Durham). Gleich am ersten Tag, während meiner Joggingrunde, sehe ich Zelte vor der Basketballhalle. Überall Zelte. Später erfahre ich, dass das große „rivalry game“ gegen die University of North Carolina bevorsteht. Die UNC liegt in Chapel Hill, nur wenige Kilometer entfernt. Um eine Karte zu bekommen, wird gezeltet. Unglaubliche fünf Wochen lang. Ein Wahnsinn. Der Trainer, Coach „K“, ist eine Legende. Er hat mit Duke bereits drei nationale Meisterschaften geholt und nebenbei noch die U.S.-Olympiamannschaft in Peking zu Gold geführt.

Ach ja, auch meine letzten Eindrücke in den USA sind positiv. Am Tag des Abflugs jogge ich noch mal zur Duke University und lasse den Campus auf mich wirken. Prägende Momente. In meinen Gedanken spielen sich vier ereignisreiche und einzigartige Wochen ab. Deshalb möchte ich mich zum Schluss dieses Essays herzlich bedanken. And the Oscar goes to…

  • RIAS Berlin Kommission — für das beste Drehbuch namens „Duke Fellowship“.
  • Rainer Hasters — für die beste Regie in „Duke — a place to go“.
  • Laurie Bley — für die beste Hauptrolle in „Duke — a place to go“.
  • Prof. Susan Tifft — für ihr Duke-Lebenswerk, an dem ich vier Wochen teilhaben durfte.
  • Ty Tyson — für die beste Nebenrolle in „Duke — a place to go“.
  • Duke University, West Campus — für das beste Bühnenbild.

——————

Sonka Terfehr, Spiegel TV, Hamburg

Mein letzter Besuch in den USA ist genau ein Jahr her. Damals liefen im Fernsehen die berühmten Presidential Debates zwischen den Kandidaten Barack Obama und John McCain und zwischen deren designierten Stellvertretern Joe Biden und Sarah Palin. Jetzt, im September 2009, ist Obama Präsident, an John McCain erinnern nur noch ein paar verblassende Stoßstangenaufkleber an den Autos seiner Wähler und Sarah Palin ist nur deshalb wieder Thema in den TV-Shows, weil sie ihre Autobiographie auf über 400 Seiten verfasst hat.

Wieviel „Change“ bringt der neue Präsident? Wie wird im universitären Umfeld über Obama diskutiert? Was sind die vorherrschenden Themen? Das sind nur einige von vielen Fragen, mit denen ich in Durham ankomme.

Und nach Antworten muss man nicht lange suchen, wenn man das Glück hat, als visiting Media Fellow an allen Seminaren und Veranstaltungen der Duke University teilnehmen zu dürfen. Zum Beispiel im Seminar „Presidential Transitions: Taking Power“. Die Pulitzerpreisträgerin Sarah Cohen untersucht darin die Amtseinführung, die ersten Amtshandlungen und die ersten Monate der Obama-Regierung sowohl auf Inhalte als auch auf symbolische Wirkungen. Oder in Vorträgen in der Law School, bei denen zum Lunch über Obamas Pläne zur Gesundheitsreform oder dessen Sicherheitspolitik referiert wird.

Die vier Wochen Fellowship waren für mich vor allem eins: geistiger Input — ohne den Druck, daraus Output produzieren zu müssen. Der wunderschöne Campus und das im September immer noch sommerliche Wetter boten dafür die perfekte Kulisse. Beeindruckt hat mich nicht nur das hochqualifizierte Lehrpersonal, sondern auch die äußerst motivierten und fitten Studierenden, die — obwohl meist erst Anfang zwanzig — jedes Seminar mit lebhaften, frischen und niveauvollen Diskussionen würzten. Vor allem daran hat sich für mich gezeigt, dass es sich hier um eine Elite-Uni handelt, die nur die besten Bewerber aufnimmt. Allerdings müssen diese — wenn sie nicht auf reiche Eltern oder ein Stipendium zurückgreifen können — bereit sein, sich für das Studium hoch zu verschulden. Für die stattlichen 45.000 Dollar, die ein Studium an der Duke pro Jahr in etwa kostet, wird den Elite-Studenten neben dem regulären Lehrbetrieb aber noch vieles mehr geboten. Von den Gastrednern, die ich dort erleben durfte, hat mich vor allem der Vortrag des Journalisten Nicholas Kristof beeindruckt, der sein neues Buch „Half the Sky — Turning Oppression into Opportunity for Women Worldwide“ vorgestellt hat. Abendunterhaltung bot außerdem das Kino auf dem Campus. Ich habe mir dort zum Beispiel einige interessante Fußball-Dokumentationen aus der Filmreihe „Soccer Politics“ angesehen.

Daneben organisierte die fantastische Laurie Bley eine ganze Reihe Extraprogrammpunkte für uns Media Fellows. Lunchmeetings mit interessanten Gesprächspartnern, ein Besuch bei der School of Jounalism an der University of North Carolina in Chapel Hill oder ein geselliges Dinner im historischen Tobacco District von Durham — Laurie sorgte nicht nur spannende Begegnungen, sondern mit ihrer herzlichen, aufgeschlossenen Art auch dafür, dass es uns auch sonst an nichts fehlte.

Ein Highlight war natürlich der Ausflug nach Washington. Laurie hatte auch hier ein tolles Programm zusammengestellt. Bei einer sehr informativen Führung durchs Pentagon zeigte uns eine Presseoffizierin den briefing room, in dem die Pressekonferenzen stattfinden und die Büros der Pentagonkorrespondenten verschiedener Zeitungen und Fernsehsendern. Und im „U.S. Senate Committee on foreign Relations“ empfing uns Mark Helmke zu Gespräch. Als Mitarbeiter des dem Committee vorsitzenden Senators Richard Lugar berichtete Helmke uns von den außenpolitischen Aktivitäten des Ausschusses und der Schwierigkeit, außenpolitische Themen im Kongress auf die Agenda zu bringen.

Interessant war auch ein Seminar für Journalistikstudenten bei der Washington Post, an dem wir teilnehmen durften. Der Chef des siebenköpfigen investigativen Teams der Post, Jeff Leen, sprach darin über seine eigene Arbeit — seinerzeit deckte er die Hintergründe und Strukturen des organisierten Drogenhandels in Miami auf –, investigativen Journalismus im Allgemeinen und die heutige Situation seiner Reporter bei der Post.

Mein persönliches Sahnehäubchen war allerdings der Besuch bei National Public Radio (NPR). Als Fan und tägliche Hörerin (in Deutschland über Webstream oder als Podcasts) des Senders war es einfach toll, die Büros und Studios einmal von innen anzuschauen und die Moderation der täglichen Erfolgssendung „All things Considered“ durch Robert Siegel und Madeleine Brand live mitzuerleben. Neben diesen Aktivitäten blieb außerdem noch genügend Zeit für Museen, Stadtspaziergänge, ein reichhaltiges Picknick am Potomac River und das Washingtoner Nachtleben.

Was ich insgesamt an den vielen Meetings, Seminaren oder Vorträgen als sehr positiv empfunden habe, war der Umgang mit und die Diskussionen über die sich wandelnde Medienwelt. Hier hat sich mir einmal mehr gezeigt: In den USA wird nicht lange gejammert, sondern zugepackt. Wie hierzulande auch, erkennt man dort die Probleme, die zum Beispiel finanzielle Notlagen der Zeitungsverlage oder das Abwandern von Zielgruppen ins Internet für den Journalismus in seiner herkömmlichen Form bedeuten. Doch während hier noch überall über „das Ende des Qualitätsjournalismus“ lamentiert und den „guten alten Zeiten“ hinterhergetrauert wird, begreift man dort die Veränderungen als Chance und sucht konstruktiv nach Lösungen, um journalistische Qualität trotz Zeitungssterben und Internet zu bewahren. Viele Ideen, wie beispielsweise die Finanzierung investigativer Reporternetzwerke auf Basis von Stiftungen und eine ganze Reihe bereits existierender Projekte, die sich mit der Zukunft des Journalismus befassen, waren für mich nicht nur neu, sondern auch sehr inspirierend.

Der einzige Faktor, den ich mir anders gewünscht hätte, war die Anzahl der im September teilnehmenden Media Fellows. Wir waren leider nur zu dritt — neben uns zwei RIAS-Stipendiatinnen noch ein Amerikaner — bzw. zu sechst, wenn man die drei Koreaner hinzuzählt, die jeweils ein Jahr an der Duke University bleiben und die bei einigen Aktivitäten dabei waren. Der Erfahrungsaustausch zwischen Kollegen „aus aller Welt“, über den ich so viel positives in den Berichten früherer Teilnehmer gelesen hatte, war in diesem Fall also kaum gegeben. Dieser Aspekt wäre aber nur noch ein zusätzlicher Pluspunkt für ein ohnehin schon großartiges Programm gewesen.

Mein Fazit: Für eine Erfahrung wie diese würde ich jederzeit wieder zwei Drittel meines Jahresurlaubs hergeben.

Vielen Dank an die RIAS Kommission, die mir diese Reise ermöglicht hat, und an Laurie Bley, who does a fantastic job in organizing the program!